Entscheidungsstichwort (Thema)
Antrag auf Aussetzung der sofortigen Vollziehbarkeit einer Pfändung
Leitsatz (amtlich)
1. Mit der Regelung der §§ 45 Abs 5 SVwVG, 812 ZPO ist nicht das Verhältnis des zu erwartenden Erlöses zum objektiven Wert der gepfändeten Sache, sondern zu deren (Gebrauchs-)Wert im Haushalt des Schuldners angesprochen.
2. Beruft sich der Schuldner auf die §§ 45 Abs 5 SVwVG, 812 ZPO, muss er in Bezug auf den gepfändeten Gegenstand Tatsachen vorbringen, aufgrund deren es dem Gericht möglich ist zu beurteilen, welche Bedeutung, welcher (Gebrauchs)Wert, dem betreffenden Gegenstand in seinem Haushalt zukommt.
3. Versäumt es die Vollstreckungsbehörde, ihrer für den Regelfall bestehenden Pflicht nachzukommen, die gepfändeten Gegenstände bei der Pfändung auf ihren gewöhnlichen Verkaufswert zu schätzen beziehungsweise diese Schätzung unverzüglich nachzuholen (§§ 45 Abs 5 SVwVG, 813 Abs 1 Satz 1 und Abs 2 ZPO), so begründet dies allein noch nicht die Rechtswidrigkeit der Pfändung.
Normenkette
SVwVG § 45 Abs. 5; ZPO §§ 812, 813 Abs. 1 S. 1, Abs. 2
Verfahrensgang
VG des Saarlandes (Beschluss vom 24.05.2006; Aktenzeichen 3 F 18/06) |
Tenor
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 24. Mai 2006 – 3 F 18/06 – wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 559,65 Euro festgesetzt.
Gründe
Der Beschwerde, mit der der Antragsteller sein vom Verwaltungsgericht zurückgewiesenes Begehren weiterverfolgt, die aufschiebende Wirkung seines Rechtsbehelfs gegen die am 21.8.2002 erfolgte Pfändung von Möbeln und Teppichen durch die Stadtkasse der Antragsgegnerin anzuordnen, kann nicht entsprochen werden.
Soweit der Antragsteller die Pfändung einer Bar bestehend aus 4 Hockern, 4 Stühlen, 4 Unterteilen sowie 3 Oberteilen, einer Vitrine und einer Standuhr beanstandet, kann ein rechtlich schützenswertes Interesse an einer Sachentscheidung über sein Aussetzungsbegehren bereits deshalb nicht mehr anerkannt werden, weil die betreffenden Gegenstände mittlerweile durch öffentliche Versteigerung verwertet und der Versteigerungserlös zur teilweisen Erfüllung von Forderungen an den Antragsteller verwendet worden ist. Für die von dem Antragsteller hinsichtlich dieser Gegenstände offenbar erstrebte Feststellung der Rechtswidrigkeit der Pfändung entsprechend dem Gedanken des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO ist in Eilrechtsschutzverfahren der vorliegenden Art kein Raum
vgl. zum Beispiel Bader u.a., VwGO, 3. Auflage 2005, § 113 Rdnr. 49 m.w.N..
Erfolglos bleibt das Rechtsmittel des Antragstellers aber auch, soweit er die Aussetzung der sofortigen Vollziehbarkeit der am 21.8.2002 ebenfalls erfolgten Pfändung von zwei Teppichen erstrebt. Das Vorbringen des Antragstellers in seiner Beschwerdebegründung, das den Umfang der gerichtlichen Nachprüfung in dem vorliegenden Rechtsmittelverfahren begrenzt (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), zeigt keine Umstände auf, die die Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung zu seinen Gunsten rechtfertigen.
Festzuhalten ist zunächst, dass die gemäß § 41 SVwVG erfolgte Pfändung einen Verwaltungsakt darstellt
vgl. Engelhardt/App, VwVG, VwZG, 6. Auflage 2004, § 281 AO Rdnr. 1,
der Kraft gesetzlicher Regelung (§§ 80 Abs. 2 Satz 2 VwGO, 20 AG VwGO Saar) sofort vollziehbar ist, und von daher vorläufiger Rechtsschutz auf der Grundlage von § 80 VwGO zu gewähren ist. Dem danach statthaften Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs ist in entsprechender Anwendung von § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO in aller Regel nur dann zu entsprechen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Maßnahmen bestehen oder wenn die Vollziehung für den in Anspruch Genommenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Dass eine der Voraussetzungen dieser Bestimmung vorliegend erfüllt wäre, hat der Antragsteller in seiner Beschwerdebegründung nicht aufgezeigt, und auch sonst sind keine Umstände dargetan, die die von ihm erstrebte Aussetzung der sofortigen Vollziehbarkeit der Pfändung rechtfertigen.
Nach dem Inhalt der Verwaltungsakten ist die am 21.8.2002 erfolgte Pfändung wegen einer ganzen Anzahl offen stehender Forderungen (Verwaltungsgebühren, Bußgelder und rückständige Rundfunkgebühren) vorgenommen worden, die teilweise durch Verwertung von gepfändeten Gegenständen erfüllt werden konnten, teils wegen Verjährung nicht mehr vollstreckt werden und teils nach wie vor offen stehen. Noch nicht beglichen sind nach einer Mitteilung der Antragsgegnerin vom 6.12.2005 an den Antragsteller betreffend den Versteigerungserlös der Pfandverwertung vom 23.7.2005 noch Rundfunkgebühren in Höhe von 1.217,85 Euro, Verwaltungsgebühren in Höhe von 275,66 Euro und Vollstreckungskosten in Höhe von 61,37 Euro, insgesamt mithin 1.554,88 Euro.
Das hinsichtlich dieser Forderungen die Vollstreckungsvoraussetzungen des § 30 Abs. 1 SVwVG nicht erfüllt wären, hat der Antragsteller n...