Entscheidungsstichwort (Thema)
Einbürgerung. Aufenthalt. Aufenthaltsgestattung. Asylfolgeantrag
Leitsatz (amtlich)
Dem untergetauchten und nachfolgend im Kirchenasyl aufhaltsamen Asylfolgeantragsteller, dessen Folgeantrag nach der Entscheidung des Bundesamtes nicht zur Durchführung eines weiteren Verfahrens geführt hat, kommt bei späterer Asylanerkennung diese Zeit nicht nach § 55 Abs. 3 AsylVfG zugute.
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen dem Kläger zur Last.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger ist türkischer Staatsangehöriger und begehrt seine Einbürgerung. Er reiste im Dezember 1992 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte einen Asylantrag, der durch Bescheid des Bundesamtes vom 4.10.1994 unter Bestimmung einer Ausreisefrist und Androhung der Abschiebung abgelehnt wurde. Die dagegen erhobene Klage wurde durch das Verwaltungsgericht des Saarlandes abgewiesen. Das Urteil erlangte am 30.6.1998 Rechtskraft. Die dem Kläger mit Rücksicht auf sein Asylverfahren erteilte Aufenthaltsgestattung war zuletzt im Mai 1998 bis zum 3.11.1998 verlängert worden. Danach wurden dem Kläger Duldungen erteilt, zuletzt bis zum 8.4.1999.
Mit Schriftsatz vom 19.11.1998, eingegangen beim Bundesamt am 20.11.1998, stellte der Kläger einen Asylfolgeantrag. Durch Bescheid vom 25.11.1998 wurde die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens abgelehnt. Dagegen erhob der Kläger Klage. Am 4.3.1999 erklärte der Beklagte sein Einverständnis mit der Abschiebung des Klägers. Der Versuch, den Kläger am 17.3.1999 abzuschieben, war erfolglos, da dieser nicht angetroffen wurde. Nach dem 1.7.1999 befand sich der Kläger im Kirchenasyl. Sein Eilrechtsschutzbegehren auf Aussetzen aufenthaltsbeendender Maßnahmen wurde durch den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 13.12.1999 – 5 F 103/99.A – zurückgewiesen. Am 16.1.2001 beantragte er die Erteilung einer Duldung im Hinblick auf seinen Gesundheitszustand. Diesbezüglich waren im Falle seiner Vorsprache beim zuständigen Landesamt die amtsärztliche Untersuchung und die Erteilung einer Duldung bis zum Vorliegen des Untersuchungsergebnisses vorgesehen. Ein späterer Antrag auf Abänderung der gerichtlichen Entscheidung im Eilrechtsschutzverfahren blieb erfolglos, Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 8.5.2001 – 5 F 39/01 –. Mit Schreiben vom 11.6.2001 teilte der Beklagte dem Petitionsausschuss des Landtags, an den sich der Kläger wegen der Gewährung eines Bleiberechts gewandt hatte, mit, seine Ausreisepflicht sei weiterhin vollziehbar.
Durch Urteil des Verwaltungsgerichts vom 20.11.2001 – 3 K 116/00.A – wurde die Bundesrepublik Deutschland verpflichtet, den Kläger als Asylberechtigten anzuerkennen und festzustellen, dass bei ihm die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG hinsichtlich der Türkei vorliegen. Am 30.11.2001 wurde ihm bis zum 28.2.2002 eine Aufenthaltsgestattung zur Durchführung des Asylverfahrens erteilt. Als Datum der Antragstellung ist vermerkt: 23.11.1998 (Folgeantrag). Am 20.12.2001 erlangte das Urteil Rechtskraft. Mit Bescheid vom 11.1.2002 wurde er als Asylberechtigter anerkannt. Zum 15.12.2001 hatte er sich mit Wohnung in A-Stadt angemeldet. Auf seinen Antrag vom 21.1.2002 wurde ihm am 14.3.2002 eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis erteilt, die im April 2006 in eine Niederlassungserlaubnis umgeschrieben wurde. Er ist im Besitz eines Reiseausweises für Flüchtlinge.
Unter dem 28.3.2002 beantragte der Kläger seine Einbürgerung. Dies wurde mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 9.10.2003 abgelehnt, da er die Voraussetzung eines achtjährigen rechtmäßigen Inlandsaufenthalts nicht erfülle, weil die Zeit des ersten erfolglosen Asylverfahrens unberücksichtigt bleiben müsse.
Auf den am 14.10.2003 zur Post gegebenen Bescheid hat der Kläger am Montag, 17.11.2003, Klage erhoben. Er hat vorgetragen, sein Aufenthalt im Kirchenasyl über einen Zeitraum von etwa zweieinhalb Jahren sei sowohl der Ausländerbehörde als auch dem Beklagten bekannt gewesen. Eine Abschiebung sei seinerzeit nicht vorgenommen worden, weil der Aufenthalt im Kirchenasyl respektiert worden sei. Nach § 55 Abs. 3 AsylVfG sei die Zeit des ersten erfolglosen Asylverfahrens einzubeziehen. Beim Asylfolgeantrag handele es sich rechtlich um einen Wiederaufgreifensantrag im Sinne des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG und wegen seiner Asylanerkennung um eine Korrektur der früheren Entscheidung. Aufenthaltszeiten während des Asylverfahrens, das letztlich positiv beschieden worden sei, würden als Voraussetzung für die Ausübung von Rechten bzw. Vergünstigungen anerkannt.
Der Kläger hat beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 9.10.2003 zu verpflichten, ihn einzubürgern.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat vorgetragen, nach Sinn und Zweck der Regelung des § 55 Abs. 3 AsylVfG könnten Gestattungszeiträume im Verlauf von unanfechtbar erfolglos ausgegangenen Asyl- oder Asylfolgeverfahren nicht angerechnet...