Entscheidungsstichwort (Thema)
Zeckenbiss bzw. -stich als Dienstunfall
Leitsatz (amtlich)
1. Ein Zeckenbiss bzw. -stich ist bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 31 Abs. 1 BeamtVG auch dann als Dienstunfall anzuerkennen, wenn sich eine Folgeerkrankung (noch) nicht eingestellt hat.
2. Der Nachweis, dass ein Polizeibeamter, der sich zur Ausübung seiner dienstlichen Verrichtungen in einem Umfeld aufgehalten hat, in dem zur fraglichen Jahreszeit mit dem Auftreten von Zecken zu rechnen ist, während dieser dienstlichen Verrichtungen von einer Zecke befallen wurde, ist geführt, wenn das Gericht aufgrund der Gesamtumstände – insbesondere der Schilderung des Ablaufs des dienstlichen Einsatzes und der in sich schlüssigen widerspruchsfreien Angaben des Beamten zu seinem Aufenthalt vor und nach dem Dienst – zu der Überzeugung gelangt, dass der Beamte sich die am Morgen nach dem Dienst entdeckte noch kleine Zecke mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit während des Dienstes zugezogen hat.
Normenkette
BeamtVG § 31 Abs. 1, 3, § 45 Abs. 1 S. 1
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen dem Beklagten zur Last.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Anerkennung eines Zeckenbisses als Dienstunfall. Er versah am 14./15.6.2006 von 14.00 bis 02.00 Uhr seinen Dienst bei der Verkehrspolizeiinspektion, Verkehrskommissariat 3, D…, und war ab 17.00 Uhr bei einer Geschwindigkeitskontrolle auf der B 41 im Bereich Neunkirchen als Anhalteposten und Sachbearbeiter zur Feststellung der Personalien auffällig gewordener Verkehrsteilnehmer eingesetzt. Am Vormittag des 15.6.2006 entdeckte er eine Zecke im Bereich des linken Schienbeins und ließ diese ärztlicherseits entfernen.
Mit Schreiben gleichen Datums erstattete er eine Dienstunfallanzeige und gab an, der Streifenwagen sei während der Geschwindigkeitskontrolle aus Platzgründen auf dem mit hohem Gras bewachsenen Grünstreifen abgestellt gewesen. Der Kofferraumdeckel sei als “Schreibtisch” benutzt worden. Er habe sich mehrmals in dem hohen Gras aufgehalten, da er mehrere Anzeigen habe fertigen müssen. Hierbei habe er den Zeckenbiss erlitten. Die tätig gewordene Ärztin bestätigte am 21.6.2006 auf dem Formular zur Bearbeitung von Dienstunfällen, dass ein ursächlicher Zusammenhang des von ihr festgestellten Befundes mit dem geschilderten Unfallereignis anzunehmen sei. Seitens seiner Vorgesetzten und des Polizeiarztes wurde die Dienstunfallanzeige unter Bejahung eines adäquaten Zusammenhangs bzw. ohne Äußerung von Bedenken am Bestehen eines solchen abgezeichnet.
Am 1.8.2006 erging der verfahrensgegenständliche Bescheid des Beklagten, durch den die Anerkennung als Dienstunfall abgelehnt wurde, da sich bei einem Zeckenbiss ein allgemeines Lebensrisiko verwirkliche, dem der spezifische Zusammenhang mit dem Dienst des Klägers als Polizeibeamter fehle. Ein Zeckenbiss könne jedem Bürger widerfahren und habe sich im Falle des Klägers nur zufällig im zeitlichen Zusammenhang mit der Dienstausübung ereignet.
Der am 1.9.2006 eingegangene Widerspruch des Klägers wurde durch Widerspruchsbescheid vom 11.12.2006, zur Post gegeben am 18.12.2006, zurückgewiesen. In den Gründen heißt es, es fehle an dem notwendigen dienstlichen Bezug. Dem lasse sich nicht entgegenhalten, dass der Kläger sich anlässlich der Verkehrskontrolle zur Feststellung von Personalien auf einen mit hohem Gras bewachsenen Seitenstreifen habe begeben müssen, wo das Risiko eines Zeckenbisses unwesentlich höher sei als auf einer glatten asphaltierten Straße. Unabhängig von der ohnehin mangelnden örtlichen und zeitlichen Bestimmbarkeit des Unfallereignisses erstrecke sich der Aufgabenbereich eines Polizeibeamten im Außendienst nur in ganz wenigen Ausnahmefällen auf das Durchstreifen eines Dickichts, starken Unterholzes oder eines mit hohem Gras bewachsenen Wiesengeländes, so dass die Gefahr eines Zeckenbisses ausgehend von dem typischen Tätigkeitsfeld nicht in signifikant höherem Maße als bei der übrigen Bevölkerung bestehe.
Zur Begründung seiner am 18.1.2007 bei dem Verwaltungsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger seine Auffassung, der am 15.6.2006 festgestellte Zeckenbiss sei gemessen an den Vorgaben des § 31 Abs. 1 BeamtVG als Dienstunfall zu bewerten, bekräftigt und ausgeführt, die ihn damals behandelnde Ärztin habe festgestellt, dass die Zecke selbst noch sehr klein gewesen sei und es sich daher um einen relativ frischen Zeckenbiss gehandelt haben müsse. Der Zeckenbiss sei im Bereich des linken Schienbeins, also unmittelbar an der Stelle, an der die Hose des Klägers nach unten hin offen war, erfolgt, so dass kein vernünftiger Zweifel daran bestehen könne, dass der Kläger sich die Zecke während seines dienstlichen Einsatzes im hohen Gras zugezogen habe. Er habe ein Interesse an der Anerkennung des Zeckenbisses als Dienstunfall, da die Gefährlichkeit eines Zeckenbisses sich oft erst Jahre später, etwa in Form einer Borrelio...