Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtmäßigkeit einer immissionsschutzrechtlichen Ordnungsverfügung gegen einen Insolvenzverwalter hinsichtlich der Entsorgung von Abfällen nach Betriebsstilllegung
Leitsatz (redaktionell)
• Nach § 5 Abs. 3 Nr. 2 BImSchG sind genehmigungsbedürftige Anlagen so zu betreiben und stillzulegen, dass auch nach einer Betriebseinstellung vorhandene Abfälle ordnungsgemäß und schadlos verwertet oder ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden. Zur Erfüllung dieser Pflicht können nach § 17 Abs. 1 S. 1 BImSchG nach Erteilung der Genehmigung Anordnungen gegenüber dem Betreiber erlassen werden.
• Betreiber einer immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftigen Anlage ist derjenige, der die Anlage im eigenen Namen, auf eigene Rechnung und in eigener Verantwortung führt. Ein Insolvenzverwalter kann in diesem Sinne Betreiber sein, wenn er die Anlage des Gemeinschuldners kraft eigenen Rechts und im eigenen Namen fortbetrieben hat; es genügt, wenn dies auch nur für kurze Zeit geschehen ist. Als letzten Betreiber treffen den Insolvenzverwalter die Nachsorgepflichten aus § 5 Abs. 3 BImSchG, ohne dass es darauf ankommt, wann die Abfälle entstanden sind und ob vor Insolvenzeröffnung bereits die Gemeinschuldnerin hätte in Anspruch genommen werden können.
• Die Anzeige der Masseunzulänglichkeit beschränkt nicht die Befugnis der Ordnungsbehörde, den Insolvenzverwalter als Störer auf der Grundlage der einschlägigen ordnungsrechtlichen Bestimmungen in Anspruch zu nehmen. Trifft die ordnungsrechtliche Verantwortlichkeit den Insolvenzverwalter, handelt es sich um eine persönliche Pflicht, die nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO als Masseverbindlichkeit zu erfüllen ist.
Normenkette
BImSchG § 5 Abs. 3 Nr. 2, § 17 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
VG Düsseldorf (Beschluss vom 13.05.2013; Aktenzeichen 3 L 590/13) |
Tenor
Das Verfahren wird eingestellt, soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben. Insoweit ist der Beschluss des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 13. Mai 2013 unwirksam.
Die Beschwerden der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 13. Mai 2013 werden, soweit sie noch anhängig sind, zurückgewiesen.
Die Kosten des erst- und zweitinstanzlichen Verfahrens tragen der Antragsteller zu 1. zu 1/3, der Antragsgegner zu 1/6 und der Antragsteller zu 2. zu 1/2, wobei der Antragsteller zu 2. seine außergerichtlichen Kosten selbst trägt.
Der Streitwert wird unter Abänderung der erstinstanzlichen Streitwertfestsetzung auf 35.312,50 Euro festgesetzt.
Tatbestand
Das Verfahren ist in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen, soweit die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben. Zur Klarstellung ist der angefochtene Beschluss des Verwaltungsgerichts für wirkungslos zu erklären (§ 173 Satz 1 VwGO i. V. m. § 269 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 ZPO).
Die Beschwerden der Antragsteller sind, soweit die Verfahren noch anhängig sind, unbegründet. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts wird durch das Beschwerdevorbringen, auf dessen Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Sätze 1 und 4 VwGO beschränkt ist, nicht in Frage gestellt.
I. Der sinngemäße Antrag des Antragstellers zu 2.,
die aufschiebende Wirkung seiner beim Verwaltungsgericht Düsseldorf gegen die immissionsschutzrechtliche Ordnungsverfügung der Bezirksregierung Düsseldorf vom 7. März 2013 erhobenen Klage wiederherzustellen bzw. anzuordnen,
hat keinen Erfolg (§ 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
Der Antragsteller zu 2. wird durch die angegriffene Ordnungsfügung nicht belastet. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass Adressat der angefochtenen Ordnungsverfügung lediglich der Antragsteller zu 1., nicht jedoch der Antragsteller zu 2. ist. Zwar könnte die Bezeichnung „Rechtsanwalt/Insolvenzverwalter” im Adressfeld klarer gefasst sein. Aus der Begründung der Ordnungsverfügung ergibt sich aber mit hinreichender Deutlichkeit, dass Herr Rechtsanwalt Dr. I. lediglich als Insolvenzverwalter über das Vermögen der C. H. GmbH in Anspruch genommen wird. Bereits der Betreff verweist auf das „Insolvenzverfahren C. H. GmbH (…)”. Der erste Satz der Verfügung regelt sodann ausdrücklich, dass „mit diesem Bescheid … für den Betrieb C. H. GmbH” Anordnungen getroffen werden. Im Folgenden wird Herr Rechtsanwalt Dr. I. ausdrücklich allein als Insolvenzverwalter angesprochen. So heißt es auf Seite 4 der Ordnungsverfügung: „Als Insolvenzverwalter haben Sie die Betreiberstellung übernommen.” Ferner: „Durch das von Ihnen eröffnete Insolvenzverfahren wurden Sie Betreiber einer genehmigungsbedürftigen Anlage im Sinne von § 4 BImSchG”. Dies wird wiederum auf Seite 5 aufgegriffen: „In meinem Anhörungsschreiben vom 5.12.2012 wurde Ihnen bereits mitgeteilt, dass Sie als Insolvenzverwalter/Betreiber nicht nur …”.
Aus der der Ordnungsverfügung vorangegangenen Korrespondenz ergibt sich nichts Abweichendes. Auch die Beschwerdebegründung legt keine konkreten gegenteiligen...