Verfahrensgang
VG Düsseldorf (Aktenzeichen 31 K 2814/02.O) |
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird geändert.
Die Einbehaltungsanordnung der Bezirksregierung Köln vom 2. April 2002 wird aufgehoben.
Gründe
Die zulässige Beschwerde hat Erfolg. Die Verfügung der Bezirksregierung über die Einbehaltung eines Teils des Ruhegehalts des Ruhestandsbeamten ist rechtswidrig.
Nach § 92 Abs. 1 und 3 DO NRW kann die Einleitungsbehörde bei einem Ruhestandsbeamten gleichzeitig mit der Einleitung des förmlichen Disziplinarverfahrens oder später anordnen, dass ein Teil, höchstens ein Drittel des Ruhegehalts einbehalten wird, wenn im Disziplinarverfahren voraussichtlich auf Aberkennung des Ruhegehalts erkannt werden wird. Zwar wurde das förmliche Disziplinarverfahren durch Verfügung der Bezirksregierung vom 23. Februar 2001 wirksam eingeleitet. Das dem Ruhestandsbeamten darin vorgeworfene Dienstvergehen – Versicherungsbetrug nach fingiertem Auffahrunfall im März 1998 und Versicherungsbetrug nach fingiertem Autodiebstahl im September 1998 – rechtfertigt nach dem bisherigen Erkenntnisstand aber nicht die Annahme, im Disziplinarverfahren werde voraussichtlich auf Aberkennung des Ruhegehalts erkannt werden. Das Wort „voraussichtlich” beinhaltet, dass im Rahmen der hier zu treffenden Entscheidung nur eine summarische Prüfung des zurzeit bekannten Sachverhalts geboten ist. Das Disziplinargericht muss nicht die Überzeugung gewinnen, dass der Beamte das Dienstvergehen, das die Entfernung aus dem Dienst rechtfertigt, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit begangen hat. Es reicht ein geringerer Grad der Wahrscheinlichkeit aus. Dieser besteht allerdings nicht schon darin, dass die Verhängung der schärfsten Disziplinarmaßnahme möglich oder ebenso wahrscheinlich ist wie die einer milderen Disziplinarmaßnahme. Vielmehr ist erforderlich, dass im Disziplinarverfahren gegen einen aktiven Beamten mit überwiegender Wahrscheinlichkeit auf Entfernung aus dem Dienst und dementsprechend bei einem Ruhestandsbeamten auf Aberkennung des Ruhegehalts erkannt werden wird. Die Dienstentfernung des Beamten bzw. die Aberkennung des Ruhegehalts bei einem Ruhestandsbeamten muss nach der gebotenen, ihrer Natur nach nur überschlägig möglichen Prüfung des Sachverhalts wahrscheinlicher sein als eine unterhalb der Höchstmaßnahme liegende Disziplinierung.
Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 29. August 2001 – 6d A 2641/01.O – und vom 23. September 1997 – 6d A 2434/97.O –.
Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts kann nach dem derzeitigen Erkenntnisstand nicht davon ausgegangen werden, dass im Disziplinarverfahren mit überwiegender Wahrscheinlichkeit auch wegen des zweiten Vorwurfs – Versicherungsbetrug nach fingiertem Autodiebstahl am 23. September 1998 – auf ein schuldhaftes Dienstvergehen erkannt werden wird. Fest steht insoweit nur, dass der Ruhestandsbeamte betreffend seinen Pkw der Marke Q. mit dem amtlichen Kennzeichen am 23. September 1998 eine Diebstahlsanzeige erstattet und auf Antrag von der Haftpflichtversicherung eine Entschädigung in Höhe von 18.000,– DM erhalten hat. Zwar hat der Beamte bei seiner polizeilichen Vernehmung am 26. Januar 2000 – detailliert – geschildert, die Autoschlüssel und den fotokopierten Zulassungsschein dem Zeugen T. überlassen zu haben, der später bestätigt habe, das Fahrzeug nach Jugoslawien gebracht zu haben. Diese Aussage hat der Ruhestandsbeamte aber im Strafverfahren vor dem Amtsgericht mit der Begründung widerrufen, die Polizei habe ihn damals aus dem Unterricht geholt und erklärt, er habe keine Chance zu leugnen. Er habe dann gehofft, die Wahrheit werde schon ans Licht kommen.
Tatsächlich habe es zwar wieder – wie im ersten Fall – Gespräche mit dem Zeugen T. über eine Beseitigung auch des zweiten Fahrzeugs gegeben. Die Sache sei ihm dann aber zu heiß geworden und der Fall sei für ihn erledigt gewesen. Das habe er ganz klar gesagt. Der Zeuge T. bestätigt in seiner Aussage vor dem Amtsgericht – wie bereits in seiner polizeilichen Aussage –, dass Gespräche stattgefunden haben, dass er den Wagen aber nicht bei Seite geschafft habe. Andere Anhaltspunkte dafür, dass der Zeuge T. dennoch in Absprache mit dem Ruhestandsbeamten dessen Fahrzeug übernommen hat, liegen – derzeit jedenfalls – nicht vor. Soweit der Zeuge T. vor dem Amtsgericht darüber hinaus erklärt hat, N. H. habe ihm erzählt, dass der Ruhestandsbeamte „das gemacht habe”, ist bisher ein konkreter Tatablauf nicht einmal in Umrissen erkennbar.
Es ist weder ersichtlich, dass das Fahrzeug mit Einverständnis des Ruhestandsbeamten entfernt wurde, noch durch wen es entfernt wurde, noch wo es geblieben ist. Ob eine Vernehmung des N. H. zu einem glaubhaften Tatvorwurf führen wird, ist danach derzeit noch völlig offen und eine Verurteilung des Beamten wegen schuldhaften Dienstvergehens in Bezug auf diesen Vorwurf, den betreffend das Strafverfahren gemäß § 154 Abs. 2 StPO vorläufig eingestellt wurde, nach dem derzeitigen Erkenntnisstand offe...