Verfahrensgang
VG Arnsberg (Aktenzeichen 1 K 4697/96) |
Tenor
Soweit die Beteiligten das Verfahren in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, wird das Verfahren eingestellt; insoweit ist das angefochtene Urteil wirkungslos.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens beider Instanzen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn die Klägerin nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Erteilung einer Ausnahmebewilligung vom Verbot der Beschäftigung von Arbeitnehmern an Sonn- und Feiertagen nach § 13 Abs. 5 des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG) vom 6. Juni 1994, BGBl. I S. 1170.
Die Klägerin, die Teil eines weltweit tätigen Unternehmensverbundes der chemischen Industrie ist, stellt in ihrem Werk in H. -U. unter anderem Kunststofffolien (Polyvinyl-Butyral-Folien mit den Bezeichnungen Butacite und Butaform) her, die bei der Erzeugung von Verbundglas für Kraftfahrzeuge verwendet werden. Butacite wird in H. in einem Schmelzbetrieb hergestellt, in dem auf Grund von § 10 Abs. 1 Nr. 15 ArbZG auch an Sonn- und Feiertagen gearbeitet werden darf. Für das Erzeugnis Butaform wird als Vorprodukt eine Folie aus den USA importiert. Diese Folie wird in H. umgeformt. In diesem Geschäftsbereich wurde an Sonn- und Feiertagen zunächst nicht gearbeitet.
Der Konzern, dem die Klägerin angehört, betreibt Butaformanlagen in H. und in Australien. Mit den Produkten Butacite und Butaform beliefert die Klägerin die europäische Automobilindustrie. Konkurrent ist insoweit die F. M., die gleiche Produkte in B. herstellt und auch an Sonn- und Feiertagen produzieren darf.
Im November 1995 beantragte die Klägerin bei der Beklagten, die Sonn- und Feiertagsarbeit für die Produktion von Butaform- Folien in ihrem Werk in H. zu genehmigen. In der Antragsbegründung, bei einer mündlichen Erörterung im Werk in H. und in nachgereichten weiteren Unterlagen trug die Klägerin im Wesentlichen Folgendes vor:
Die durchschnittliche wöchentliche Maschinenlaufzeit in der im Mehrschichtbetrieb geführten Butaformanlage habe im ersten Quartal 1995 121 Stunden, im zweiten Quartal 127 Stunden und im dritten Quartal 124 Stunden betragen und werde im vierten Quartal voraussichtlich auf 137 Stunden gesteigert werden. Spätestens im Januar 1996 werde eine wöchentliche Maschinenlaufzeit von 144 Stunden nicht mehr ausreichen, um die Aufträge zu erfüllen. Dies werde den Verlust von Kunden und Arbeitsplätzen zur Folge haben, weil 73 % des Verkaufsvolumens von Butaform sich auf sechs Großkunden verteile, die an einer Teilerfüllung von Aufträgen nicht interessiert seien. Dieses Produkt werde bereits jetzt auch von der Tochtergesellschaft in Australien bezogen, um der hohen Nachfrage gerecht zu werden. Die Bereiche Butaform und Butacite bildeten im Werk H. eine organisatorische Einheit. Im ersten Quartal 1996 stehe die Entscheidung der Konzernleitung in den USA über den Bau einer weiteren Butacite-Anlage in Europa an. Das Werk H. stehe insoweit in einer konzerninternen Wettbewerbssituation mit Standorten in Spanien und in B.. In beiden Ländern sei die Sonn- und Feiertagsarbeit erlaubt, auch die Arbeitskosten seien dort niedriger. Bei einer Verweigerung der Genehmigung sei damit zu rechnen, dass die Muttergesellschaft mittelfristig die gesamte europäische Produktion von Butacite und Butaform nach B. verlegen werde. Der bisherige Produktionsablauf sei auch deshalb ungünstig, weil nach jedem Maschinenstillstand in den ersten drei bis vier Stunden des Neuanlaufs ausschließlich Abfall produziert werde. Von der geplanten Sonn- und Feiertagsarbeit seien vier Mitarbeiter je Schicht, insgesamt 16 Personen, betroffen. Es sei vorgesehen, bei Erteilung der beantragten Genehmigung zwei neue Mitarbeiter einzustellen.
Der Betriebsrat des Werkes H. -U. der Klägerin, die Bezirksverwaltung Nordrhein-Westfalen der Industriegewerkschaft Chemie-Papier-Keramik und der Westfälische Arbeitgeberverband für die chemische Industrie Sitz Bochum e.V. unterstützten durch entsprechende Stellungnahmen den Antrag der Klägerin.
Mit Bescheid vom 6. Mai 1996 erteilte die Beklagte der Klägerin auf Grund des § 13 Abs. 5 ArbZG die Genehmigung, abweichend von § 9 ArbZG an allen Sonn- und Feiertagen mit Ausnahme der so genannten hohen Feiertage, also des Ostersonntags, des Ostermontags, des 1. Mai, des Pfingstsonntags, des Pfingstmontags, des 1. und 2. Weihnachtsfeiertags und des Neujahrstags, insgesamt bis zu vier über 18 Jahre alte Arbeitnehmer/innen je Schicht in dem Produktionsbereich Butaform zu beschäftigten. Diese Genehmigung war mit der Bedingung verbunden, bis zum 30. April 1998 in dem Bereich Butaform/Butacite keine betriebsbedingten Kündigungen auszusprechen und keine sozial nicht abgesicherten Arbeitsplätze zu schaffen.
Gegen diesen Bescheid erhob die...