Eine Pflicht zum Räumen und Streuen des Gehwegs besteht nur insoweit, als dies für den sicheren Fußgängerverkehr notwendig ist.
Hierzu ist es i. d. R. nicht erforderlich, die gesamte Breite zwischen Hauswand und Bordstein zu streuen. Ausreichend ist vielmehr eine Gehbahn für Fußgänger, deren Breite allerdings nach den Umständen des Einzelfalls zu bemessen sein wird. So soll es genügen, wenn ein Streifen schnee- und eisfrei gehalten wird, der es 2 Fußgängern gestattet, vorsichtig aneinander vorbeizukommen (ca. 1–1,2 m breit). Meist wird jedoch eine Breite von ca. 1,5 m gefordert. Dabei genügt es regelmäßig, dass nur der Mittelstreifen bestreut wird. Eine Änderung ist aber nötig, wenn der Sachverhalt dazu im Einzelnen Anlass bietet.
Besondere Streusituationen
- Soweit kein baulich von der Fahrbahn abgegrenzter, separater Bürgersteig vorhanden ist, muss für den Fußgängerverkehr ein bis zu 1,5 m breiter Seitenstreifen abgestreut werden.
- Im Innenstadtbereich einer Großstadt wiederum soll ein häufig benutzter, rund 5 m breiter Bürgersteig in ganzer Breite geräumt und gestreut werden müssen.
- Der streupflichtige Anlieger hat bei Glätte den Bürgersteig am Rande nach der Fahrbahn zu bestreuen, wenn sich hier eine Haltestelle für öffentliche Omnibuslinien befindet.
- Befinden sich am Rand des Bürgersteigs besondere Einrichtungen, wie etwa Notrufsäulen oder Parkscheinautomaten, so ist es erforderlich, einen Streifen an der Bordsteinkante zu streuen.
Öffentlicher Bürgersteig
Muss der Streupflichtige auf einem breiteren Bürgersteig nur eine Mindestbreite abstreuen, kann er sich bei Missachtung der Streupflicht nicht darauf berufen, er hätte ohnehin nicht an der Unfallstelle (in Fahrbahnnähe), sondern entlang seiner Grundstücksgrenze gestreut. Stürzt ein Fußgänger am Gehsteigrand, so spricht nach dem ersten Anschein die Vermutung nicht für eine Verletzung der Streupflicht. Bei Glatteis kann er grundsätzlich nicht damit rechnen, dass am Gehsteigrand gestreut ist.
Privatgrundstück
Ein nur wenige Male am Tag und ausschließlich von Fußgängern benutzter Zugangsweg zu einer Wohnung auf einem Privatgrundstück braucht bei Schnee- und Eisglätte nur in einer Breite von etwa 0,5 m abgestreut zu werden, die für die Begehung durch eine Person als ausreichend anzusehen ist.
Für einen privaten Garagenhof, der zum Betreten durch einen begrenzten Personenkreis bestimmt ist, besteht keine umfassende Räumpflicht, sondern es reicht aus, einen lediglich etwa 1 m breiten Streifen zu räumen, der einen ausreichenden Zugang zu den Garagen ermöglicht.
Erst recht haben die Räum- und Streupflichten des Grundstückseigentümers ihre Grenzen, wenn es um die Zuwegung zu mitvermieteten Garagen auf der gegenüberliegenden Straßenseite geht. Dann besteht die Räum- und Streupflicht lediglich für den Gehsteig. Nicht hingegen sei der Vermieter verpflichtet, gegenüber der Garageneinfahrt eine ausreichend breite Furt durch den Randschnee offenzuhalten und zu streuen.
Die Räum- und Streupflicht bezieht sich bei einer Wohnanlage auch auf den Personenzugang zur Tiefgarage.
Der Eigentümer eines Wohnhauses hat im Rahmen seiner Verkehrssicherungspflicht grundsätzlich dafür zu sorgen, dass eine Postzustellerin den neben dem Hauseingang befindlichen Wohnungsbriefkasten auch bei Schneefall gefahrlos erreichen kann. Welche Bereiche eines Fußwegs auf dem Grundstück aus diesem Grund zu räumen und abzustreuen sind, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls.
Stürzt der Geschädigte an einer nicht winterdienstpflichtigen, nicht gestreuten schnee- und eisglatten Stelle (hier: Parkplatzzufahrt), kann eine Verkehrssicherungspflichtverletzung des Winterdienstpflichtigen darin liegen, dass er seiner in der Umgebung der Stelle bestehenden Winterdienstpflicht (hier: auf einem öffentlichen Parkplatz und angrenzenden Gehwegen) nicht nachgekommen ist. In einem solchen Fall kommen dem Geschädigten trotz feststehender Verkehrssicherungspflichtverletzung die Grundsätze des Anscheinsbeweises nur dann zugute, wenn von einem dafür erforderlichen typischen Geschehensablauf auszugehen ist.
Mietverhältnis
Ein Vermieter und Grundstückseigentümer, dem die Gemeinde als Anlieger keine allgemeine Räum- und Streupflicht übertragen hat, ist regelmäßig nicht aus dem Mietvertrag verpflichtet, auch über die Grundstücksgrenze hinaus Teile des öffentlichen Gehwegs zu räumen und zu streuen. Im Übrigen schuldet der Vermieter dem Mieter, die Wege (Zu- und Abgänge zum Mietobjekt) im Rahmen des Zumutbaren und Üblichen zu räumen und mit abstumpfenden Mitteln zu streuen.