Leitsatz (amtlich)
Die richterliche Entscheidung, dem Anzeigenden, der ein Ermittlungsverfahren durch eine vorsätzlich oder leichtfertig erstattete unwahre Anzeige veranlasst hat, die Kosten des Verfahrens und die dem Beschuldigten erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen (§ 469 StPO), stellt ein sog. urteilsersetzendes Erkenntnis im Sinne des § 839 Abs. 2 Satz 1 BGB dar.
Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Aktenzeichen 4 O 324/17) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 07.06.2018 (Az. 4 O 324/17) wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.
3. Das Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger begehrt von dem beklagten Land Schadensersatz unter dem Gesichtspunkt der Amtshaftung, weil das Amtsgericht Homburg ihm mit richterlichem Beschluss gem. § 469 StPO die Kosten eines auf seine Beanzeigung hin eingeleiteten Ermittlungsverfahrens auferlegt hat.
Der Kläger hatte mit Schreiben vom 12.11.2013 (Bl. 1-53 der Beiakte) bei der Staatsanwaltschaft Saarbrücken Strafantrag gegen den Bürgermeister der Gemeinde F. unter verschiedenen rechtlichen Gesichtspunkten gestellt. Dieser hatte zuvor eine Firma mit der Durchführung von Baumfällarbeiten im Gemeindewald entlang des Fritz- Wunderlich-Rad- und Wanderweges beauftragt. Vereinbarungsgemäß stellte die Firma der Gemeinde dafür keine Kosten in Rechnung und durfte im Gegenzug das Schnittgut behalten und selbst verwerten. Eine vorherige Ausschreibung der Arbeiten erfolgte nicht.
Der Kläger begründete seinen Strafantrag damit, dass der Bürgermeister "massive Baumrodungen" in Auftrag gegeben habe. Darin liege nicht nur ein Verstoß gegen das Bundesnaturschutzgesetz, sondern auch der Verdacht der "Vorteilnahme Dritter" sowie der "Bereicherung Dritter", des Verstoßes gegen die Vergabeordnung, der Korruption und des Verstoßes gegen das Wettbewerbsrecht. Die Baumrodungen seien zu mehr als 70 % mit weit über 2 m, stellenweise sogar 8-10 m vom Wegesrand erfolgt, wobei abgestorbener Baumbestand liegen gelassen und gesunder Baumbestand radikal entnommen worden sei. Die vom Beschuldigten beauftragte Firma A. H. habe nach eigenem Ermessen den Baumbestand fällen dürfen und infolgedessen überwiegend gesunden Holzbestand entfernt, der einen möglichst hohen Heizwert in der Hackschnitzelherstellung garantiere und gewinnbringend verwertbar sei. Der Beschuldigte habe pflichtwidrig keine öffentliche Ausschreibung durchgeführt. Er habe die Firma A. H. begünstigt und bereichert. Es eröffnete sich der Verdacht der Vorteilsnahme, des Betrugs und der Verletzung der Überwachungspflichten seitens des Beschuldigten.
Die Staatsanwaltschaft Saarbrücken hat das daraufhin gegen den Bürgermeister der Gemeinde F. unter dem Aktenzeichen 05 Js (KO) 136/14 geführte Ermittlungsverfahren am 21.01.2015 gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt (Bl. 68 f. der Beiakte). Zur Begründung wurde u.a. ausgeführt, ein Anfangsverdacht wegen Vorteilsnahme gemäß § 331 StGB sei nicht ersichtlich. Die Beauftragung der Firma erscheine aus neutraler Sicht für die Gemeinde F. durchaus sinnvoll, da die Arbeiten unentgeltlich vorgenommen wurden und die Gemeinde keine Verwendung für das abgeschnittene Holz gehabt haben dürfte, welches der Firma als Gegenleistung überlassen wurde. Die gegen die Verfahrenseinstellung eingelegte Beschwerde des Klägers (Bl. 71-78 der Beiakte) hat die Generalstaatsanwaltschaft Saarbrücken zurückgewiesen (Bl. 80 der Beiakte).
Auf Antrag des Verteidigers des Beschuldigten (Bl. 81 f. der Beiakte) sowie auf Antrag der Staatsanwaltschaft Saarbrücken (Bl. 118 ff. der Beiakte) hat das Amtsgericht Homburg nach Anhörung des Klägers mit Beschluss vom 05.08.2015 (Az. 11 AR 1/15, Bl. 125 der Beiakte) dem Kläger die Kosten des Ermittlungsverfahrens und die dem Beschuldigten erwachsenen notwendigen Auslagen gemäß § 469 Abs. 1 Satz 1 StPO auferlegt. Die dagegen eingelegte (sofortige) Beschwerde des Klägers (Bl. 130 ff. der Beiakte) hat das Landgericht Saarbrücken mit Beschluss vom 28.08.2015 (Bl. 139 f. der Beiakte) kostenpflichtig als unzulässig verworfen. Für das Beschwerdeverfahren sind dem Kläger weitere 53 EUR an Gerichtskosten in Rechnung gestellt worden (Bl. 5 d.A.). Dagegen hat der Kläger Verfassungsbeschwerde eingelegt, welche das Bundesverfassungsgericht nicht zur Entscheidung angenommen hat.
Mit Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts St. Wendel vom 23.10.2015 (Bl. 164 f. der Beiakte) wurden die von dem Kläger zu erstattenden Kosten auf 654,50 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 08.09.2015 festgesetzt. Die dagegen gerichtete Beschwerde des Klägers hat das Landgericht mit Beschluss vom 08.12.2015 als unbegründet zurückgewiesen (Bl. 175, 199 der Beiakte). Eine darüber hinaus angestrengte Vollstreckungsabwehrklage gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss (Bl. 188 ff. d.A.) hat der Kläger wieder zurückgenommen...