Leitsatz (amtlich)
Der Hersteller eines - auch für ayurvedische Behandlungen verwendeten - Sesamöls ist nicht verpflichtet, auf die Gefahr der Selbstentzündung von Sesamölrückständen auf nicht ausreichend gereinigten Textilien bei deren Behandlung in einem Wäschetrockner hinzuweisen.
Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Urteil vom 11.11.2010; Aktenzeichen 4 O 447/05) |
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen das am 11.11.2010 verkündete Urteil des LG Saarbrücken - 4 O 447/05 - wird zurückgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Dieses Urteil sowie das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 115 % des beizutreibenden Betrages abzuwenden, es sei denn der Beklagte leistet zuvor Sicherheit in gleicher Höhe.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
A. Die Klägerin macht als Brandversicherer aus übergangenem Recht ihrer Versicherungsnehmerin, der Zeugin M.-P. nach Schadensregulierung gegen den Beklagten Schadensersatzansprüche aus dem Gesichtspunkt der Produkthaftung geltend.
Die Zeugin M.-P. bezog von dem Beklagten seit 1986 in erheblichem Umfang von diesem hergestelltes Sesamöl (kaltgepresst, naturbelassen und gereift). Sie verwendete dieses Öl in der von ihr in B. betriebenen "V. V." zur ayurvedischen Behandlung. Am 11.4.2002 kam es in der "V. V." zu einem Brand mit erheblichem Sachschaden.
Die Klägerin hat behauptet, den Bedarf an Sesamöl habe die Zeugin M.-P. weitgehend beim Beklagten gedeckt. Diesem sei bekannt gewesen, dass sie das Sesamöl für ayurvedische Behandlungen verwende. Brandursache sei eine Selbstentzündung von Rückständen von Sesamöl in bereits gewaschenen Handtüchern entweder während des Trocknungsvorgangs in einem Kondenstrockner oder danach nach erfolgter Stapelung der Handtücher in einem Schrank gewesen. Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, auf diese Gefahren des von ihm hergestellten und vertriebenen Produkts hätte der Beklagte hinweisen müssen. Den Schaden hat die Klägerin auf dem Boden eines von ihr vorprozessual eingeholten Gutachtens (Anlage K 3 zum Schriftsatz vom 3.1.2006) auf 708.004,89 EUR beziffert.
Die Klägerin hat beantragt, den Beklagten zu verteilen, an sie 708.005,- EUR nebst Zinsen i.H.v. 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.3.2006 sowie eine nicht anrechenbaren Geschäftsgebühr i.H.v. 2.836,09 EUR zu zahlen.
Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Er hat in Abrede gestellt, dass überhaupt eine Selbstentzündung von Sesamöl und erst Recht eine Selbstentzündung des von ihm hergestellten und an die Zeugin M.-P. gelieferten Sesamöls den Brand verursacht hat. Zahlreiche andere Brandursachen kämen in Betracht. Jedenfalls habe er keine Instruktionspflicht verletzt. Jeder Lieferung an die Zeugin M.-P. sei ein Sicherheitsdatenblatt (Anlage B 4 = GA 47 ff.) beigefügt gewesen. Einer weiter gehenden Instruktion habe es nicht bedurft. Auch fehle es an einem Verschulden des Beklagten. Zudem treffe die Zeugin M.-P. ein erhebliches Mitverschulden. Schließlich sei der geltend gemachte Schaden der Höhe nach übersetzt.
Durch das angefochtene Urteil (GA 687 - 706), auf dessen tatsächliche und rechtliche Feststellungen gem. § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, hat das LG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:
Ein Ersatzanspruch nach dem Produkthaftungsgesetz komme nicht in Betracht, da sich dieses nicht auf den Ersatz von Schäden an Sachen beziehe, die - wie hier - dem beruflichen Gebrauch dienten und zu diesem Zweck verwendet würden. Auch eine kaufvertragliche Sachmängelhaftung des Beklagten scheide aus, da nicht dargetan sei, dass der Brand auf einen Sachmangel des gelieferten Öls zurückzuführen sei.
Schließlich seien auch die Voraussetzungen für einen Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 1 BGB wegen Verletzung von Verkehrssicherungspflichten nicht gegeben. Zwar könne nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme (Zeugenaussagen, Gutachten des Sachverständigen Dr. S.) der ursächliche Zusammenhang zwischen dem Brandereignis und der Verwendung des von dem Beklagten hergestellten Sesamöls nicht ausgeschlossen werden. Jedoch könne ein ursächlicher Zusammenhang zwischen einer Verletzung von Beobachtungs-, Instruktions- und/oder Warnpflichten durch den Beklagten und dem Brandereignis nicht festgestellt werden. Nach den Ausführungen des Sachverständigen Dr. S. habe es sich bei der Selbstentzündung von Sesamöl jedenfalls im Jahr 2002 um eine fernliegende Gefahr gehandelt, die nur unter bestimmten, ausnahmsweise vorliegenden Bedingungen habe eintreten können. Eines über den Hinweis auf die Gefahr der Selbstentzündlichkeit des Sesamöls bei feiner Verteilung und Kontakt mit Luft in dem Sicherheitsdatenblatt, das den Lieferungen des Beklagten nach den Aussagen der Zeugen W., T., Le. und La. beigegeben gewesen sei, hinausgehenden Gefahrenhinweises habe es daher nicht bedurft. Das ge...