1 Leitsatz
Der im Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander zu gewährende Schallschutz richtet sich nach der DIN 4109, wenn ein vorhandener Bodenbelag durch einen anderen ersetzt und dabei nicht in den unter dem Belag befindlichen Estrich und die Geschossdecke eingegriffen wird. Das gilt grundsätzlich auch dann, wenn die Trittschalldämmung mangelhaft ist und der Trittschall ohne diesen Mangel den schallschutztechnischen Mindestanforderungen entspräche.
2 Normenkette
§ 14 Nr. 1 und Nr. 2, § 15 Abs. 3 WEG a. F.
3 Das Problem
Wohnungseigentümer K will, dass Wohnungseigentümer B verpflichtet wird, in seiner vermieteten Wohnung Teppichboden oder einen in der Trittschalldämmung gleichwertigen Bodenbelag mit einem "Trittschallverbesserungsmaß" fachgerecht verlegen zu lassen. Seit X, der Mieter des B, einen Teppich entfernt und Fliesen verlegt habe, genüge die Wohnungstrenndecke nicht mehr den Anforderungen der DIN 4109 in der im Jahr 1995 geltenden Fassung.
4 Die Entscheidung
Der BGH ist der Ansicht, K habe gegen B einen Anspruch des Klägers aus § 1004 Abs. 1 BGB und § 15 Abs. 3 WEG a. F. i. V. m. § 14 Nr. 1 WEG a. F. auf Maßnahmen zur Einhaltung der Mindestanforderungen an den Trittschallschutz. Rechtlicher Maßstab sei § 14 Nr. 1 WEG a. F. Das gelte auch dann, wenn die beanstandete Beeinträchtigung darauf beruhe, dass ein Mieter den Teppichboden ausgetauscht habe. K entstehe durch die Entfernung des Teppichs ein Nachteil i. S. d. § 14 Nr. 1 WEG a. F. Der im Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander zu gewährende Schallschutz richte sich nach der DIN 4109, wenn ein vorhandener Bodenbelag durch einen anderen ersetzt und dabei nicht in den unter dem Belag befindlichen Estrich und die Geschossdecke eingegriffen werde. Das gelte auch dann, wenn die Trittschalldämmung mangelhaft sei und der Trittschall ohne diesen Mangel den schallschutztechnischen Mindestanforderungen entspräche. Zwar trete in einer solchen Situation der Mangel erst durch den Austausch des Bodenbelags zu Tage. Der Umstand, dass die Trittschalldämmung unzureichend sei, bleibe für den von dem Wohnungseigentümer nach Austausch des Bodenbelags einzuhaltenden Schallschutz aber grundsätzlich ohne Bedeutung. Zwar müsse der Schallschutz "in erster Linie" durch die im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Bauteile gewährleistet werden. Für die sich zwischen den Wohnungseigentümern hinsichtlich des Schallschutzes ergebenden Pflichten bei einer Änderung des Bodenbelags lasse sich daraus aber nichts herleiten. Zwar könne es anders sein, wenn bei einer mangelhaften Trittschalldämmung der Wohnungseigentümer keine zumutbare Abhilfemöglichkeit habe. Solange er aber mit zumutbaren Maßnahmen an seinem Sondereigentum die Mindestanforderungen an den Trittschallschutz einhalten könne, wie etwa durch die Verlegung eines schalldämpfenden Teppichbodens oder die Anbringung eines zusätzlichen Bodenbelags, sei er dazu im Verhältnis zu den anderen Wohnungseigentümern nach § 14 Nr. 1 WEG a. F. verpflichtet.
Hinweis
- In jeder im Sondereigentum stehenden Wohnung wird sich im Laufe der Jahre die Frage stellen, ob der bisherige Bodenbelag beibehalten werden soll. Wird diese Frage erwartungsgemäß wegen Schäden oder Veränderungen des Zeitgeschmacks mit "nein" beantwortet, kann sich das auf das auswirken, was die Nachbarn aus dem räumlichen Bereich dieser Wohnung hören – vor allem der Nachbar unter der Wohnung, gegebenenfalls aber auch mehrere Wohnungseigentümer oder Nutzer eines Sondereigentums. Verändert ein Wohnungseigentümer – wie im Fall – den vorhandenen Bodenbelag, dürfte es sich in der Regel um eine Veränderung im Gebrauch des Sondereigentums handeln. Hier gilt: ein Wohnungseigentümer muss einen Gebrauch unterlassen, der für die anderen Wohnungseigentümer zu einem vermeidbaren Nachteil i. S. d. § 14 Nr. 1 WEG führt. Gibt es einen solchen Nachteil, ist dieser nach der Bestimmung des § 15 Abs. 3 WEG oder/und § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB zu unterlassen. Für die Frage, wann die anderen Wohnungseigentümer einen vermeidbaren Nachteil erfahren, hat der BGH – sofern nichts Anderes vereinbart ist – vor allem an eine "DIN-Norm" angeknüpft und gefragt, ob die Schallschutzwerte der DIN 4109 eingehalten sind, die bei Errichtung des Gebäudes galt.
- Die Besonderheit im Fall liegt darin, dass in der Wohnungseigentumsanlage die Trittschalldämmung mangelhaft ist. Der Mangel trat durch den Austausch des Bodenbelags zu Tage. Dafür muss B mit einer Verhaltensänderung einstehen. Ich fände es besser, die mangelhafte Trittschalldämmung zu verbessern. Das hatte B in der Versammlung auch beantragt – erfolglos.
Ausblick auf die WEG-Reform
Durch die WEG-Reform hat sich am Problemkreis "Trittschall" nichts geändert.
5 Entscheidung
BGH, Urteil v. 26.6.2020, V ZR 173/19