Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechte des Nacherben bei eingesetztem Ersatznacherben
Leitsatz (amtlich)
1. Der Nacherbe kann über sein Anwartschaftsrecht nach Eintritt des Erbfalles und vor Eintritt des Nacherbfalles zwar im Grundsatz frei verfügen. Die Übertragung des Anwartschaftsrechtes auf den Vorerben oder einen Dritten lässt aber das Recht des eingesetzten Ersatznacherben im Grundsatz unberührt. Der Erblasser kann allerdings bestimmen, dass die angeordnete Ersatznacherbfolge unter der auflösenden Bedingung der Übertragung des Nacherbenanwartschaftsrechtes durch den Nacherben auf den Vorerben bzw. auf einen Dritten stehen soll.
2. Wird jemand unmittelbar durch den Inhalt des Erbscheins in seinen Rechten beeinträchtigt, kann er ausnahmsweise im Erbscheinsverfahren selbst dann beschwerdeberechtigt sein, wenn er selbst in diesem Erbschein nicht aufzuführen ist. Das kann etwa für den Erwerber des Nacherbenanwartschaftsrechts gelten.
Normenkette
BGB §§ 2100, 2102, 2108; FGG §§ 20, 27
Verfahrensgang
LG Itzehoe (Beschluss vom 09.09.2009; Aktenzeichen 4 T 117/09) |
Tenor
Die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 8. gegen den Beschluss der 4. Zivilkammer des LG Itzehoe vom 9.9.2009 wird zurückgewiesen.
Der Beteiligte zu 8. trägt die Gerichtskosten des Weiteren Beschwerdeverfahrens. Kostenerstattung findet nicht statt.
Der Geschäftswert für das weitere Beschwerdeverfahren wird auf 50.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die 1971 verstorbene Erblasserin hatte 4 Kinder, nämlich die 2001 verstorbene M (Mutter der Beteiligten zu 1. bis 3.), die 1999 verstorbene K (Mutter der Beteiligten zu 4. bis 7.), den 1944 kinderlos verstorbenen G und die 2008 kinderlos verstorbene B.
2Unter dem 27.10.1951 schloss die Erblasserin - nachdem ihr Ehemann bereits vorverstorben war - mit ihrer Tochter B einen notariellen Erbvertrag zur Urkundenrolle Nr. 281/1951 des Notars Dr. E (Bl. 53 f. d.A.). Darin heißt es u.a.:
"§ 1
Die Erschienene zu 1., Witwe ..., setzt hiermit die Erschienene zu 2., ihre Tochter B dergestalt zu ihrer Erbin ein, dass B Vorerbin der Erschienenen zu 1. wird. Nacherben sollen die von B geborenen Kinder zu gleichen Teilen sein. Sollte B ohne leibliche Kinder versterben, so sollen die Geschwister von B, nämlich
1. Ehefrau M.
2. Ehefrau K.
Nacherben sein.
Sollte eines dieser Kinder der Erschienenen zu 1. vor Eintritt des Nacherbfalls versterben, so soll die eheliche Nachkommenschaft dieses Kindes an die Stelle treten.
Es handelt sich hierbei um eine vertragsmäßige Verfügung, so dass die Erschienene zu 1. nur gem. den gesetzlichen Bestimmungen für Erbverträge diese Verfügung ändern kann.
§ 2
Die Erschienene zu 1. betont, dass sie grundsätzlich durch diesen Vertrag ihre Tochter B nicht ggü. den anderen Kindern bevorzugen will. Sie hält diese Regelung jedoch für richtig, weil ihre anderen beiden Töchter gut versorgt sind ... Es ist die Absicht der Erschienenen zu 1., dass das Erbe, welches aus dem Grundvermögen ... Bl. 245 und ... Bl. 704 besteht, der Familie ... erhalten bleibt. Die Erschienene zu 2. soll deshalb den Besitz nicht verkaufen, ohne dass die Nacherben zustimmen ..."
Die 2001 verstorbene Tochter M schloss am 6.9.1999 mit dem Beteiligten zu 8. zur Urkundenrolle des Notars X Nr. 197/1999 einen Vertrag betreffend die Überlassung ihres Erbteils als Nacherbin nach ihren Eltern und nach der Vorerbin B auf den Beteiligten zu 8. In der Vorbemerkung dieses Vertrages heißt es, der Beteiligte zu 8. wohne im Hause der Vorerbin und gewähre ihr Hilfestellungen und Entlastungen in allen Lebenslagen. Es sei auch der Wunsch der Vorerbin, dass der Beteiligte zu 8. die Möglichkeit besitzen solle, den ehemaligen Hof der Familie ... zu übernehmen, für den er bereits zahlreiche Aufwendungen in das Gebäude getätigt habe. In § 5 dieses Vertrages heißt es, der Notar habe die Beteiligten darüber belehrt, dass es sich bei dem Übertragungsgegenstand gegenwärtig lediglich um eine Anwartschaftsrecht handele, so dass unmittelbare Rechte derzeit daraus noch nicht hergeleitet werden könnten. Am gleichen Tag ließ die Vorerbin B zur Urkundenrolle Nr. 198/1999 des Notars X beurkunden, ihr sei der Vertrag Urkundenrolle Nr. 197/1999 des Notars X betreffend die Überlassung des Nacherbenanteils ihrer Schwester M an Herrn Y bekannt. Sie genehmige alle darin genannten Verfügungen und erkläre ausdrücklich, dass diese Überlassung auch ihrem ausdrücklichen Willen und Wunsch entspreche.
Nach dem Tode der Vorerbin B am 6.10.2008 beantragte die Beteiligte zu 7. zu Protokoll der Rechtspflegerin des AG Itzehoe vom 18.11.2008 einen gemeinschaftlichen Erbschein, der in erster Linie ausweisen solle, dass die Erblasserin aufgrund Erbvertrages vom 27.10.1951 beerbt worden sei als Ersatznacherben von den Beteiligten zu 1. bis 3. zu je 1/6 des Nachlasses und von dem Beteiligten zu 4. bis 7. zu je 1/8 des Nachlasses. Hilfsweise sei die Erblasserin aufgrund des Erbvertrages beerbt worden von dem Beteiligten zu 8. zu ½ und von den Beteiligten zu 4. bis 7. zu je 1/8. Die Beteiligte zu 7. ga...