Entscheidungsstichwort (Thema)
Berechnung der Gerichtskosten in Vormundschafts- und Dauerpflegschaftssachen
Normenkette
FamGKG §§ 1, 3 Abs. 2 Anl. 1 Nr. 1311, § 22; SGB 12 § 90 Abs. 2 Nr. 8, Abs. 3
Tatbestand
Der Bezirksrevisor als Staatskasse wendet sich mit seiner Beschwerde vom gegen einen Beschluss, durch den eine Kostenrechnung, die dem Mündel gemäß KV-FamGKG 1311 eine Jahresgebühr Vormundschaft/Dauerpflegschaft i.H.v. 50,00 EUR auferlegt hat, aufgehoben worden ist.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde ist zulässig, weil das Amtsgericht die Beschwerde gegen die Entscheidung gemäß § 66 Abs. 2 Satz 2 GKG, der mit § 57 Abs. 2 Satz 2 FamGKG wortlautgleich ist, zugelassen hat. Die maßgeblichen Vorschriften für die Erhebung von Kosten von dem 2004 geborenen Mündel ergeben sich aus dem Gesetz über Gerichtskosten in Familiensachen. Gemäß § 1 FamGKG werden in Familiensachen Kosten (Gebühren und Auslagen) nur nach diesem Gesetz erhoben, soweit nichts anderes bestimmt ist. Die Vormundschaft für einen Minderjährigen ist gemäß § 151 Nr. 4 FamFG eine Kindschaftssache und damit eine Familiensache im Sinne von § 111 Nr. 2 FamFG. Weder in § 1 GKG noch in § 1 GNotKG ist etwas anderes bestimmt. Das Gerichts- und Notarkostengesetz gilt zwar gemäß § 1 Abs. 1 GNotKG für Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, aber nach § 1 Abs. 3 GNotKG ausdrücklich nicht in Verfahren, in denen - wie hier - Kosten nach dem FamGKG zu erheben sind.
Die Beschwerde ist auch begründet. Zu Recht ist dem Mündel durch die berichtigte Kostenrechnung III vom 29. Mai 2017 eine Jahresgebühr Vormundschaft/Dauerpflegschaft gemäß KV-FamGKG 1311 i.H.v. 50,00 EUR auferlegt worden. Der diese Kostenrechnung aufhebende Beschluss vom 31. Mai 2017 ist deshalb aufzuheben. Gemäß § 22 FamGKG schuldet der von der Maßnahme betroffene Minderjährige, hier der ... 2004 geborene M, die Kosten bei einer Vormundschaft oder Dauerpflegschaft. Gemäß KV-FamGKG 1311 beträgt die Jahresgebühr für jedes angefangene Kalenderjahr bei einer Vormundschaft oder Dauerpflegschaft, wenn nicht Nr. 1312 anzuwenden ist, mindestens 50,00 EUR. Selbst wenn im vorliegenden Fall Nr. 1312 zur Anwendung käme, wäre die Gebühr auf 50,00 EUR beschränkt. Nach der Vorbemerkung 1.3.1 Abs. 2 zum Hauptabschnitt 3, Abschnitt 1 "Kindschaftssachen" zur Anlage 1 zum FamGKG und ebenso nach KV-FamGKG Nr. 1311 Abs. 1 werden von dem Minderjährigen Gebühren nach diesem Abschnitt nur erhoben, wenn sein Vermögen nach Abzug der Verbindlichkeiten mehr als 25.000,00 EUR beträgt; der in § 90 Abs. 2 Nr. 8 des Zwölften Buches SGB genannte Vermögenswert, d.h. ein angemessenes Hausgrundstück, wird nicht mitgerechnet. Diese Voraussetzungen sind bei dem Mündel erfüllt. Er hat nach dem Jahresbericht des Vormunds vom 13. April 2017 (Bl. 165 - 170 d. A.) ein Bar- und Sparvermögen von 71.645,30 EUR.
Einer Berücksichtigung dieses Vermögens steht nicht entgegen, dass es auf der Grundlage einer erheblichen Nachzahlung nach dem Opferentschädigungsgesetz gebildet worden ist. Zwar darf gemäß § 90 Abs. 3 SGB XII die Sozialhilfe nicht vom Einsatz oder von der Verwertung eines Vermögens abhängig gemacht werden, soweit dies für den, der das Vermögen einzusetzen hat, und für seine unterhaltsberechtigten Angehörigen eine Härte bedeuten würde, was für die Beschädigtengrundrente nach dem Opferentschädigungsgesetz bejaht wird. § 90 Abs. 3 SGB XII kommt hier aber nicht zur Anwendung.
Im Rahmen von § 90 Abs. 3 SGB XII wird eine Vermögensfreistellung wegen einer Härte insbesondere für angesparte Schmerzensgeldzahlungen, aber auch für eine Beschädigtengrundrente nach dem Opferentschädigungsgesetz bejaht, deren Zweck - der angemessene Ausgleich des zugefügten immateriellen Schadens und die Genugtuung für erlittenes Unrecht - nicht nur bei der Freistellung als Einkommen, sondern auch bei der Behandlung des daraus entstandenen Vermögens zu berücksichtigen ist (so BVerwG, NVwZ-RR 2010, 771, Rn. 21, 22 bei juris; Palandt/Götz, BGB, 76. Aufl., § 1836 c BGB Rn. 12). Gemäß §§ 1773, 1836 c Nr. 2 BGB hat der Minderjährige im Hinblick auf die Vergütung des Vormunds sein Vermögen nach Maßgabe des § 90 SGB XII einzusetzen (vgl. ebenso §§ 1896, 1908 i Abs. 1, 1836 c BGB für die Betreuung). Diese gesetzliche Verweisung umfasst nach ihrem Wortlaut alle Tatbestände des § 90 SGB XII mit der Folge, dass auch Härten im Sinne von § 90 Abs. 3 SGB XII einer Berücksichtigung des Vermögens bei der Vergütung entgegenstehen.
Anders ist es bei den Gerichtskosten. Dort wird nach dem ausdrücklichen Wortlaut des Kostenverzeichnisses als Anl. 1 zum FamGKG lediglich der in § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII genannte Vermögenswert, d.h. das angemessene Hausgrundstück, von der Anrechnung ausgenommen. Der fehlende Gleichlauf der Vergütungsregelung in den §§ 1773, 1896, 1908 i Abs. 1, 1836 c BGB zur Vormundschaft und Pflegschaft einerseits und der Kostenvorschriften andererseits beruht nicht auf einem Redaktionsversehen, sondern auf einer bewussten Entscheidung des Gesetzgebers (so auch OLG Celle...