Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine zulässige Nebenintervention weiterer Aktionäre im Schadensersatzprozess eines Aktionärs gegen das die Gesellschaft beherrschende Unternehmen
Leitsatz (amtlich)
1. Begehrt ein (früherer) Aktionär von einem Dritten Schadensersatz wegen Wertverschlechterung seines Aktienbesitzes (§ 317 Abs. 1 S. 2 AktG), weil dieser die Gesellschaft zu ihrem Nachteil faktisch beherrscht habe, steht weiteren Aktionären kein durch § 66 ZPO geschütztes rechtliches Interesse an einer Nebenintervention zu.
2. Dasselbe gilt auch dann, wenn der Aktionär nicht seinen Eigenschaden, sondern im Wege der "actio pro societate" (§§ 317 Abs. 1 S. 1 AktG, 309 Abs. 4 S. 1 AktG) den Schaden der Gesellschaft geltend macht.
Normenkette
ZPO § 66; AktG §§ 309, 317
Verfahrensgang
LG Kiel (Urteil vom 29.04.2005; Aktenzeichen 14 O 195/03) |
Nachgehend
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Nebenintervenienten zu 1. und 2. gegen das ihren Beitritt zurückweisende Zwischenurteil der Kammer für Handelssachen I. des LG Kiel vom 29.4.2005 - 14 O 195/03 - wird zurückgewiesen.
Die Nebenintervenienten zu 1. und 2. haben die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin, früher Aktionärin der M.-AG, begehrt von den Beklagten in erster Linie Schadensersatz gem. § 317 Abs. 1 S. 2 Abs. 3 AktG, weil die Beklagte zu 1. - die F. T. - aufgrund eigenen Aktienbesitzes an der M.-AG und des am 22.3.2001 mit dieser hinsichtlich des Aufbaus eines UMTS-Netzes abgeschlossenen Cooperation Frame Work Agreement (CFA) die M.-AG AG faktisch beherrscht und hierdurch sowie durch die Kündigung des CFA am 11.6.2002 nicht nur der M.-AG selbst Schaden zugefügt habe, sondern auch den Aktionären, darunter ihr selbst, der Klägerin. Denn bei einer Verwertung ihrer seinerzeit an die D.-Bank verpfändeten Aktien zwischen dem 2.6. und 16.9.2003 seien lediglich Börsenkurse von durchschnittlich 8,96 EUR je Aktie erzielt worden, was nach erster Schätzung einen Schaden von 50 EUR je Aktie ausmache. Die Beklagten bestreiten eine nachteilige Einflussnahme ebenso wie einen ersatzfähigen Schaden der Klägerin.
Die Nebenintervenienten zu 1.-3. sind Aktionäre der M.-AG und haben mit Schriftsätzen vom 11.2.2004 (Nebenintervenienten zu 1. und 2.) sowie vom 17.8.2004 (Nebenintervenient zu 3.) den Beitritt auf Klägerseite erklärt. Dies haben sie damit begründet, dass es gerade auch ihren Interessen entspreche, wenn die Klägerin ggü. den Beklagten Schadensersatzansprüche durchsetzen wolle. Diese und denkbare eigene Ansprüche seien nämlich nahezu identisch. Ihr hinreichendes rechtliches Interesse zur Nebenintervention folge sowohl hieraus als auch aus der Möglichkeit einer eigenen actio pro socio, letztlich aber auch aus Gründen verfassungsrechtlich gebotenen Rechtsschutzes.
Das LG hat mit am 29.4.2005 verkündeten Zwischenurteil den Beitritt der Nebenintervenienten zu 1.-3. zurückgewiesen, da diese über ein wirtschaftliches Interesse hinaus kein rechtliches Interesse an einem Beitritt hätten darlegen können. Denn die Rechtssituation der Nebenintervenienten verändere sich durch ein klagabweisendes Urteil ebenso wenig wie durch ein stattgebendes Urteil. Außerdem habe eine Entscheidung des anhängigen Rechtsstreits schon deshalb keine Präjudizwirkung für die Durchsetzung etwaiger Ansprüche der Nebenintervenienten, weil deren Schaden und der geltend gemachte Schaden der Klägerin jeweils gesondert zu ermitteln seien.
Gegen dieses Zwischenurteil haben die Nebenintervenienten zu 1. und 2. sofortige Beschwerde eingelegt und diese damit begründet, dass ihrer Auffassung nach das LG den Begriff des "rechtlichen Interesses" zu eng ausgelegt habe. Insoweit habe das LG auch die verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine ausreichende Justizgewährung nicht hinreichend berücksichtigt.
Nach Erlass des Zwischenurteils - nämlich mit Schriftsatz vom 1.7.2005 - hat die Klägerin ihre Klage um das zusätzliche Begehren erweitert, festzustellen, dass zwischen der Beklagten zu Ziff. 1 und der M.-AG in der Zeit zwischen dem 22.3.2000 bis zum 28.3.2003 ein qualifiziert faktischer Konzern bestanden habe bzw. in dieser Zeit eine existenzvernichtende bzw. existenzgefährende Nachteilszufügung durch die Beklagte zu Ziff. 1 zu Lasten der M.-AG stattgefunden habe. Hintergrund sei ein von ihr - der Klägerin - vor dem LG Flensburg zu 6 O 139/03 betriebenes Spruchverfahren gem. § 305 AktG. Die begehrte Feststellung sei erforderlich, weil nach Auffassung des OLG Zweibrücken (OLG Zweibrücken v. 25.4.2005 - 3 W 255/04, OLGReport Zweibrücken 2005, 497 = ZIP 2005, 948 [950]) und des OLG Stuttgart (OLG Stuttgart v. 4.2.2000 - 4 W 15/98, AG 2000, 428 = DB 2000, 709 [710]) die Existenz eines faktischen Konzerns im Spruchstellenverfahren nur berücksichtigt werden können, wenn zuvor in einem Zivilprozess eine entsprechende Feststellung getroffen worden sei.
II. Die gem. §§ 71 Abs. 2, 567 ff. ZPO zulässige sofortige Beschwerde...