Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein Beschwerderecht erwachsener Töchter eines Betreuten
Leitsatz (amtlich)
Den erwachsenen Töchtern eines Betreuten steht gegen die Genehmigung der Unterbringung und unterbrinungsähnlicher Maßnahmen ohne Einschränkung ihrer Kontaktmöglichkeiten zum Betroffenen und ohne vorherige Beistandsgemeinschaft (BVerfG v. 14.12.1989 – 2 BvR 377/88, NJW 1990, 895) ein Beschwerderecht nicht zu.
Normenkette
FGG §§ 20, 70m
Verfahrensgang
AG Neumünster (Aktenzeichen 5 XVII H 217) |
LG Kiel (Aktenzeichen 3 T 280/01, 281/01) |
Tenor
Die sofortigen weitere Beschwerden werden zurückgewiesen.
Gründe
Der Betroffene leidet an fortschreitender seniler Demenz. Er lebt seit Anfang 1999 auf Veranlassung der Beteiligten zu 1) – seiner Ehefrau – in der eingangs genannten Einrichtung. Am 9.2.1999 bestellte das AG die Beteiligte zu 1) zur Betreuerin mit dem Aufgabenkreis Sorge für die Gesundheit und Aufenthaltsbestimmung sowie Sc zum Betreuer mit dem Aufgabenkreis Vermögenssorge und Vertretung gegenüber Behörden. Am 1.03.1999 genehmigte das AG die von der Beteiligten zu 1) angeordnete geschlossenen Unterbringung des Betroffenen bis längstens zum 1.3.2001. Am 1.2.2000 wurde Sc entlassen und der Beteiligte zu 2) statt dessen zum neuen Betreuer bestellt. Durch Beschl. v. 1.3.2001 hat das AG die weitere Unterbringung des Betroffenen in einer geschlossenen Einrichtung sowie die Fixierung mittels Bauchgurtes und die Verwendung von Bettgittern während der Bettruhezeiten bis längstens 1.3.2003 genehmigt. Gegen diesen Beschluss haben die Beteiligten zu 4) und 5) jeweils sofortige Beschwerde eingelegt mit dem Ziel der Aufhebung des Beschlusses und der Abberufung der Beteiligten zu 1) als Betreuerin. Das LG hat die Rechtsmittel als unzulässig verworfen. Gegen diesen Beschluss, auf den zur Sachdarstellung ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 576 bis 581d. A.), richten sich die sofortigen weiteren Beschwerden der Beteiligten zu 4) und 5), soweit die Genehmigung der Unterbringung betroffen ist.
Die zulässigen Rechtsmittel sind unbegründet. Die angefochtene Entscheidung beruht nicht auf einer Verletzung des Gesetzes (§§ 27 FGG, 550 ZPO).
Das LG hat ausgeführt: Den Beteiligten zu 4) und 5) fehle die Beschwerdebefugnis. Die angegriffene Entscheidung unterfalle nicht dem § 69g Abs. 1 FGG, weil es sich um eine Maßnahme der Unterbringung handele. Insoweit gehörten die Beschwerdeführerinnen nicht dem enger gefassten Personenkreis der §§ 70m Abs. 2, 70d Abs. 1 Nr. 2 FGG an, weil sie vor der Unterbringung des Betroffenen nicht mit im zusammengelebt hätten. Sie könnten ein Beschwerderecht auch nicht aus dem unberührt bleibenden § 20 FGG herleiten. Durch die angefochtene Entscheidung werde nicht in ihre eigenen subjektiven Rechte eingegriffen. Eine Erweiterung des Personenkreises aus § 70d FGG durch verfassungskonforme Auslegung des § 20 FGG sei nicht veranlasst. Die restriktive Fassung der §§ 70m, 70d FGG lasse eine Ausdehnung der Beschwerdeberechtigung nur auf solche Kinder zu, die in einer ähnlich engen Beziehung zu dem Betroffenen gelebt hätten. Die Kammer habe dem Akteninhalt indessen keine Hinweise entnehmen können, die auf eine solche enge Bindung zwischen den Beschwerdeführerinnen und dem Betroffenen schließen ließen. Außerdem sei für die Wahrnehmung der Rechte des Betroffenen ausreichend durch die Bestellung des Verfahrenspflegers und der Beteiligten zu 1) Sorge getragen.
Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung jedenfalls im Ergebnis stand. Die Rügen der sofortigen weiteren Beschwerden sind unbegründet.
Mit Recht hat das LG – insoweit unbeanstandet – eine Beschwerdebefugnis der Beteiligten zu 4) und 5) aus §§ 70m Abs. 2, 70d Abs. 1 Nr. 2 FGG verneint. Aber auch eine Beschwerdebefugnis aus § 20 Abs. 1 FGG, den die vorgenannten Vorschriften ausdrücklich unberührt lassen, scheidet vorliegend aus, weil eine Beeinträchtigung von Rechten der Beteiligten zu 4) und 5) nicht ersichtlich ist. § 20 Abs. 1 FGG setzt voraus, dass die angefochtene Verfügung ein subjektives Recht des Beschwerdeführers betrifft. Nicht genügen wirtschaftliche, rechtliche oder berechtigte Interessen, ebensowenig eine moralische Berechtigung oder eine sittliche Pflicht (Keidel/Kahl, FGG, 14. Aufl., § 20 Rz. 7m. w. Nw.). Als mögliches subjektives Recht kommt hier allein in Betracht der auch in den Gesetzesmaterialien zu § 70m FGG (BT-Drucks. 11/4528, 187) erwähnte Art. 6 GG (vgl. auch Keidel/Kayser, § 70m Rz. 12, 11; Bienwald, Betreuungsrecht, 3. Aufl., § 70m Rz. 9; Damrau-Zimmermann, 3. Aufl., Betreuungsrecht, § 70m Rz. 17), nach welcher der Staat die Familie zu schützen und zu fördern hat. Darunter fällt grundsätzlich auch die Beziehung zwischen Eltern und ihren erwachsenen Kindern (VGH München NVwZ 1982, 387).
Es kann hier offenbleiben, ob eine im Rahmen der Beziehungen bestehende Begegnungsgemeinschaft, die in aller Regel durch wiederholte Besuche, Brief- und Telefonkontakte sowie durch Zuwendungen gekennzeichnet wird (BVerfG v. 14.12.1989 – 2 BvR 377/88...