Entscheidungsstichwort (Thema)
Schadensansprüche eines Soldaten im Rahmen der truppenärztlichen Versorgung bzw. gesetzlichen Heilfürsorge
Normenkette
BGB § 839; GG Art. 34; SVG § 81 Abs. 1, § 91a Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
LG Flensburg (Urteil vom 26.06.2012) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 26.6.2012 verkündete Urteil des LG Flensburg wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.
Dieses Urteil und das Urteil des LG Flensburg vom 26.6.2012 sind vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Vollstreckung aus den Urteilen mittels Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, sofern nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 60.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Kläger verlangt von den vier Beklagten wegen behaupteter ärztlicher Behandlungsfehler in den Jahren 2007 bis 2009 Schmerzensgeld und die Feststellung der Ersatzpflicht für materielle und immaterielle Schäden. Der Kläger nimmt die Beklagte zu 1), die Bundesrepublik Deutschland, aufgrund deren Verantwortlichkeit für die truppenärztliche Betreuung der Soldaten und die Beklagten zu 2) bis 4) als Träger von Krankenhäusern, in denen er in den Jahren 2007 bis 2009 untersucht und behandelt wurde, in Anspruch. Der Kläger war von Oktober 2003 bis Juni 2008 Soldat. Mit Wirkung zum 30.6.2008 wurde er aus der Bundeswehr entlassen.
Zum weiteren Sachverhalt wird auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils verwiesen, § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO.
Der Kläger hat beantragt,
1. die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an ihn ein der Höhe nach in das Ermessen des Gerichtes gestelltes Schmerzensgeld, jedoch mindestens 50.000 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 16.4.2009 zu zahlen.
2. Es wird festgestellt, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, dem Kläger auch sämtlichen weiteren materiellen und immateriellen Schaden zu ersetzen, der ihm aufgrund der im Zeitraum von 2007 bis Januar 2009 durchgeführten fehlerhaften Behandlung einer chronischen Blinddarmentzündung entstanden ist und noch entstehen wird.
3. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger weitere 1.761,08 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 16.4.2009 zu zahlen.
Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen.
Mit Urteil vom 26.6.2012 hat das LG Flensburg die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das LG ausgeführt, dass Amtshaftungsansprüche gegen die Bundesrepublik Deutschland gem. § 91a SVG ausgeschlossen seien. Dies gelte auch für sämtliche Behandlungsmaßnahmen durch die Beklagten 2) bis 4) während der Dienstzeit des Klägers als Soldat (bis zum 30.6.2008), weil diese in die truppenärztliche Versorgung zur Untersuchung und Behandlung des Klägers einbezogen worden seien. Es liege ein öffentlich-rechtliches Behandlungsverhältnis vor, so dass der Kläger die Beklagten 2) bis 4) im Hinblick auf Art. 34 Satz 1 GG nicht persönlich auf Haftung für Behandlungsfehler in Anspruch nehmen könne. Für die Behandlungen im Zeitraum nach der Entlassung des Klägers aus der Bundeswehr ließen sich nach dem Ergebnis des eingeholten Sachverständigengutachtens keine ärztlichen Behandlungsfehler feststellen. Auf die weitere Begründung in dem erstinstanzlichen Urteil wird verwiesen.
Mit der Berufung wendet sich der Kläger gegen das landgerichtliche Urteil. Zur Begründung der Berufung trägt der Kläger im Wesentlichen Folgendes vor:
Der Haftungsausschluss nach § 91a SVG greife nicht ein. Es bestehe keine "innere Beziehung" zum soldatischen Sozialbereich. Die chronische Appendizitis sei nicht durch, sondern völlig unabhängig vom Wehrdienst entstanden. Auch hinsichtlich der Beklagten zu 2) bis 4) greife die Haftungsbeschränkung des § 91a SVG nicht ein. Nach der Rechtsprechung des BGH sei für die Annahme einer Wehrdienstbeschädigung von vornherein nur dann Raum, wenn die Heilbehandlung eines Soldaten entweder durch Truppenärzte oder in Krankenanstalten der Bundeswehr erfolge oder in zivilen Krankenhäusern, wenn diese aufgrund eines privatrechtlichen Vertrages zwischen der Bundeswehr und dem Krankenhaus durchgeführt worden sei, die öffentliche Hand also zur Erfüllung ihrer hoheitlichen Aufgaben das private Krankenhaus als Dritten aufgrund eines privatrechtlichen Vertrages herangezogen habe. Eine solche Überweisung an die Beklagten zu 2) bis 4) habe es im vorliegenden Fall bei keiner der streitgegenständlichen Behandlungen gegeben. Eine "nachträgliche Abstimmung" zwischen der Dienststelle und dem behandelnden Krankenhaus hinsichtlich der Behandlungskosten genüge nicht, um zu einer Anwendbarkeit der Haftungsbeschränkung der §§ 81, 91a SVG zu gelangen. Jedenfalls habe es durch den Kläger eine "nachträgliche Abstimmung" nicht gegeben. Andere "nachträgliche Abstimmungen", zwischen wem auch immer, seien und blieben bestritten.
Den Beklagten seien Befunderhebungs...