Verfahrensgang
LG Kiel (Urteil vom 06.09.2022; Aktenzeichen 15 HKO 130/21) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Kiel vom 6. September 2022 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 8. November 2022 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass Ziffer 2 des Urteilstenors wie folgt lautet:
2. Es wird festgestellt, dass in der Hauptversammlung der Beklagten vom 30. August 2021 der folgende Beschluss gefasst worden ist:
"Die T GmbH wird als Sonderprüfer nach § 142 Abs. 1 AktG bestellt und die Sonderprüfung über Pflichtverletzungen des Vorstands und des Aufsichtsrats und die daraus folgenden Schadensersatzansprüche der Gesellschaft im Zusammenhang mit dem seit Oktober 2020 bestehenden Rechtsstreit mit dem Versicherungsverein a.G. und dabei insbesondere aufgrund des Abschlusses von Doppelversicherungen, der Einziehung von Versicherungsprämien trotz widerrufener Inkassovollmachten, von unberechtigten und unwirksamen Kündigungen von Versicherungsverträgen eingeleitet."
Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahren zu tragen. Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz werden gegeneinander aufgehoben.
Dieses Urteil und das angefochtene Urteil des Landgerichts sind wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Antrag der Beklagten auf Aussetzung des Verfahrens wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Die Parteien streiten um die Wirksamkeit von Beschlüssen, die auf der Hauptversammlung der Beklagten am 30. August 2021 gefasst wurden.
Die Klägerin ist Aktionärin der Beklagten im Umfang von 10 % des Grundkapitals. Weitere Aktionäre der Beklagten waren unter anderen D, der zugleich Aufsichtsratsmitglied der Beklagten war, und die B GmbH im Umfang von 26 % (im Folgenden: B). D war zudem Mehrheitsgesellschafter mit einem Anteil von 52 % an der B und deren alleiniger einzelvertretungsberechtigter und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreiter Geschäftsführer. Weitere Gesellschafter der B waren die drei Kinder von D.
Alleiniger Gesellschafter der Klägerin ist der Versicherungsverein a.G.
Mit Beschluss vom 30. August 2021 zu Ziffer 5 der Tagesordnung lehnte die Hauptversammlung der Beklagten den Beschlussvorschlag der Klägerin, einen Sonderprüfer zu bestellen, ab.
Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands in erster Instanz wird auf die tatsächlichen Feststellungen im Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen, § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO.
Die Klägerin hat beantragt:
1. Der Beschluss zu Ziffer 1 der Tagesordnung der Hauptversammlung der Beklagten vom 30.08.2021
"a) Der Vorstand schlägt vor, § 2 Abs. 1 der Satzung wie folgt neu zu fassen:
§ 2 Abs. 1
Gegenstand des Unternehmens ist die Vermittlung von Versicherungs- und Bausparverträgen, sowie das Erbringen aller damit zusammenhängenden Dienstleistungen.
Die Gesellschaft ist zu allen Handlungen berechtigt, die unmittelbar oder mittelbar dem vorstehenden Zweck zu dienen geeignet sind. Sie darf Zweigniederlassungen errichten und sich an gleichartigen und ähnlichen Unternehmen im In- und Ausland beteiligen.
b) Der Vorstand schlägt vor, § 4 Abs. 2 um Lit. c) der Satzung wie folgt zu ergänzen:
§ 4
2) c. bei Vorliegen eines wichtigen Grundes, der in der Person des Aktionärs begründet ist."
wird für nichtig erklärt.
2. Hilfsweise - für den Fall der Unbegründetheit des Klageantrags zu Ziffer 1 - wird festgestellt, dass der im Klageantrag zu Ziffer 1 bezeichnete Beschluss nichtig ist.
3. Der Beschluss zu Ziffer 5 der Tagesordnung ("Beschlussfassung über die Bestellung eines Sonderprüfers gemäß § 142 Abs. 1 AktG") der Hauptversammlung der Beklagten vom 30.08.2021
"Die Aktionärin S GmbH schlägt vor, (i) die T GmbH als Sonderprüfer nach § 142 Abs. 1 AktG bestellt und (ii) die Sonderprüfung über Pflichtverletzungen des Vorstands und des Aufsichtsrats und den daraus folgenden Schadensersatzansprüchen der Gesellschaft im Zusammenhang mit dem seit Oktober 2020 bestehenden Rechtsstreit mit dem Versicherungsverein a.G. und dabei insbesondere aufgrund des Abschlusses von Doppelversicherungen, der Einziehung von Versicherungsprämien trotz widerrufener Inkassovollmachten, von unberechtigten und unwirksamen Kündigungen von Versicherungsverträgen sowie aufgrund des Verstoßes gegen den Unternehmensgegenstand einzuleiten."
wird für nichtig erklärt.
4. Hilfsweise - für den Fall der Unbegründetheit des Klageantrags zu Ziffer 3 - wird festgestellt, dass der im Klageantrag zu Ziffer 3 bezeichnete Beschluss nichtig ist.
5. Es wird festgestellt, dass in der Hauptversammlung der Beklagten vom 30.08.2021 der folgende Beschluss gefasst worden ist:
"Die T GmbH wird als Sonderprüfer nach § 142 Abs. 1 AktG bestellt und die Sonderprüfung über Pflichtverletzungen des Vorstands und des Aufsichtsrats und die daraus folgenden Schadensersatzansprüche der Gesellschaft im Zusammenhang mit dem seit Oktober 2020 bestehenden Rechtsstreit mit dem Versicherungsverein a.G. und dabei insbesondere aufgrund des Abschlusses von Doppelversicherungen, der Einziehung von Versicherungsprämien trotz wide...