Entscheidungsstichwort (Thema)
Disziplinarrecht (nach Maßgabe des Bundesdisziplinargesetzes)
Verfahrensgang
VG Schleswig-Holstein (Urteil vom 01.03.2004; Aktenzeichen 22 A 2/02) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts – 22. Kammer – vom 01. März 2004 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I.
Der Beklagte wurde unter dem 13. September 1999 zum Polizeioberkommissar im Bundesgrenzschutz ernannt (Besoldungsgruppe A 10 BBesO). Mit Verfügung vom 23. Januar 2001 ordnete die Klägerin disziplinarrechtliche Vorermittlungen gegen den Beklagten an, weil Tatschen bekannt geworden waren, die den Verdacht eines Dienstvergehens – sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz – rechtfertigten. Das unter dem 12. März 2001 erstellte wesentliche Ergebnis der Vorermittlungen endete mit der Feststellung des Vorermittlungsführers, ein förmliches Disziplinarverfahren erscheine angezeigt.
Die Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht B-Stadt führte strafrechtliche Ermittlungen wegen sexueller Nötigung gegen den Beklagten durch und stellte das Ermittlungsverfahren mit Verfügung vom 15. November 2001 gemäß § 153 a StPO endgültig ein, nachdem der Beklagte der ihm auferlegten Zahlung von 2.000,– DM an eine gemeinnützige Einrichtung entsprochen hatte (746 Js 11193/01).
Die Klägerin hat am 22. April 2002 beim Verwaltungsgericht Disziplinarklage erhoben und beantragt,
den Beklagten gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. § 9 BDG zurückzustufen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise,
das Verfahren einzustellen.
Mit Urteil vom 01. März 2004 hat das Verwaltungsgericht den Beklagten in ein Amt der Besoldungsgruppe A 9 BBesO (Polizeikommissar) zurückgestuft und darüber hinaus ausgesprochen, der Beklagte dürfe frühestens zwei Jahre nach Rechtskraft dieses Urteils wieder befördert werden. Nach Durchführung einer umfangreichen Beweisaufnahme in der mündlichen Verhandlung hat das Verwaltungsgericht folgenden Sachverhalt als erwiesen angesehen:
„Der Beklagte hat im Jahr 2000 mehrmals gegenüber der Polizeimeisterin im BGS I. und bei der Polizeimeisterin im BGS S. bei der Begrüßung per Handschlag zum Dienstschichtwechsel deren Hände über Gebühr lange gehalten und diese zusätzlich mit seinem Daumen gestreichelt. Zudem hat er sowohl die Polizeimeisterin im BGS I. als auch die Polizeimeisterin im BGS A. im Jahr 2000 mehrfach gefragt, ob diese an dem betreffenden Tag bereits geküsst hätten und diese Frage mit der Aufforderung verbunden, mit ihm küssen zu gehen. Dabei befand sich die Polizeimeisterin im BGS A. zum Zeitpunkt dieser Vorfälle in einem direkten Unterstellungsverhältnis zum Beklagten. An einem Tag im Sommer 2000 sprach der Beklagte im Formularraum der Bundesgrenzschutzinspektion B-Stadt die Polizeimeisterin im BGS I. mit dem Satz an: „Du bist doch ein Luder”, was er auf Nachfrage der Polizeimeisterin wiederholte, indem er sagte: „Du bist doch ein Luder, so schätze ich dich ein.” Im darauf folgenden Monat begegnete er der Polizeimeisterin im BGS I. im Treppenhaus der Bundesgrenzschutzinspektion B-Stadt und küsste diese unvermittelt auf den Mund, woraufhin diese angeekelt weglief. An einem nicht näher bestimmbaren Tag im Januar 2000 – entweder am 17. oder am 20. Januar 2000 – versuchte der Beklagte die aus dem Nachtdienst kommende Polizeimeisterin im BGS S. zu Beginn seiner Frühschicht gegen 5.45 Uhr in der Waffenkammer der Bundesgrenzschutzinspektion B-Stadt im 3. Stockwerk zu küssen. Als sie sich nach dem Verschluss ihrer Dienstwaffe umdrehte, drängte der Beklagte sie mit körperlicher Gewalt gegen die Schließfächer, nahm zugleich ihren Kopf fest zwischen seine Hände und presste seine eigenen Lippen auf ihren Mund und versuchte seine Zunge in ihren Mund zu stecken. Der Polizeimeisterin gelang es, sich unter Aufbietung aller Kräfte aus der Umklammerung des Beklagten zu befreien und die Waffenkammer zu verlassen.”
Durch dieses Verhalten habe der Beklagte bei der vorzunehmenden Gesamtschau seine Dienstpflichten in schwerwiegender Weise schuldhaft verletzt. Angesichts der Umstände des vorliegenden Einzelfalles sei als Disziplinarmaßnahme die Zurückstufung des Beklagten zum Polizeikommissar angezeigt, aber auch ausreichend. Der Beklagte sei disziplinarisch zwar nicht vorbelastet. Dennoch sei zu berücksichtigen, dass es sich bei dem in Frage stehenden Verhalten nicht um einmalige, unbedachte, kurzschlussartige, persönlichkeitsfremde Gelegenheitstaten gehandelt habe. Vielmehr lägen insoweit wiederholte und beharrliche Pflichtenverstöße vor. Das wiege umso schwerer, weil der Beklagte sich in der Stellung eines stellvertretenden Dienstgruppenleiters befunden und die Pflichtverletzungen zum Teil als Vorgesetzter begangen habe. Schließlich komme eine Einstellung des Disziplinarverfahrens gemäß § 32 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. § 14 BDG nicht in Betracht, weil insbesonde...