Entscheidungsstichwort (Thema)
Firma einer GmbH: Verwendung des Begriffs "Fahrzeugwerk" als Zusatz zur Ortsangabe in attributiver Form
Leitsatz (amtlich)
Der informierte Durchschnittsverbraucher erwartet, dass es sich bei einem "Fahrzeugwerk" um ein großes Unternehmen handelt, das andere Fahrzeugunternehmen wirtschaftlich deutlich überragt. Als Zusatz zur Ortsangabe in attributiver Form erwartet der informierte Durchschnittsverbraucher, dass das "Fahrzeugwerk" eine führende Stellung gerade in dieser Region in Anspruch nimmt.
Normenkette
HGB § 18 Abs. 2
Verfahrensgang
AG Jena (Aktenzeichen 14 AR 1576/10) |
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Antragstellerin zu tragen.
Gründe
I. Mit Antrag vom 5.10.2010 (Unterschrift des Geschäftsführers beglaubigt am 15.10.2011), eingegangen beim Registergericht am 15.11.2010, meldete die Antragstellerin zur Eintragung in das Handelsregister u.a. an:
"Die Eintragung der Firma:... S. er Fahrzeugwerke GmbH."
Wegen der Einzelheiten insoweit wird auf Blatt 2 ff. des Sonderbandes der Registerakten Bezug genommen.
Die IHK Südthüringen erhob in ihrer Stellungnahme vom 22.2.2011 folgende Bedenken gegen die angemeldete Firmenbezeichnung: Die Buchstabenkombination ... könne mit der Buchstabenkombination der ...-S. GmbH verwechselt werden. Die Firmierung mit "S. er Fahrzeugwerke" erwecke eine führende Stellung des Unternehmens in der Branche am Ort; die Verwendung des Ortsnamens "S." sei möglich, aber nicht in adjektivischer Form. Die Bezeichnung "Werke" sei nicht berechtigt, da nur ein Werk bestehe. Wegen der weiteren Ausführungen wird auf Bl. 10 f. der Registerakten Bezug genommen.
Mit Verfügung vom 24.2.2011 wies das Registergericht den Notar der Antragstellerin darauf hin, dass die Anmeldung derzeit nicht vollzogen werden könne. Das Registergericht fügte eine Abschrift der Stellungnahme der IHK Südthüringen bei. Dieser Stellungnahme schließe sich das Registergericht an. Gegen die Verfügung vom 24.2.2011, zugestellt am 28.2.2011, richtet sich die am 23.3.2011 eingegangene Beschwerde der Antragstellerin.
Das Registergericht hat durch Beschluss vom 30.3.2011 der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
Mit Schriftsatz vom 21.4.2011 begründet die Antragstellerin ihre Beschwerde wie folgt: Es bestehe keine Verwechslungsgefahr; die geplante Firmierung unterscheide sich in erheblicher Weise von der Firma "...-S. GmbH". Eine Irreführungsgefahr liege ebenfalls nicht vor. Für die Verwendung "S. er" sei eine führende oder besondere Stellung der Gesellschaft an dem in der Firma genannten Ort nicht notwendig. Entgegen der Stellungnahme der IHK Südthüringen sei auch die Bezeichnung "Werke" berechtigt. Sie sei aber bereit, den Gesellschaftsvertrag von "Werke" in "Werk" zu ändern. Wegen der weiteren Beschwerdebegründung wird Bezug genommen auf Bl. 18 ff. der Registerakten.
II.1. Die Beschwerde ist statthaft (§§ 382 Abs. 4 Satz 2, 58 Abs. 1 FamFG) und auch im Übrigen in verfahrensrechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden (vgl. §§ 63, 64 FamFG). Das OLG Jena ist nach § 119 Abs. 1 Nr. 1b, 23a Abs. 2 Nr. 3 GVG i.V.m. § 11 Abs. 1 RPflG, § 374 Nr. 1 FamFG zuständig.
2. Die Beschwerde ist aber unbegründet. Das Registergericht hat die am 15.11.2010 zur Eintragung angemeldete Firma "... S. er Fahrzeugwerke GmbH" zu Recht beanstandet.
a) Die Verwendung des Begriffs "Fahrzeugwerke" bzw. - was die Antragstellerin auch in Betracht gezogen hat - "Fahrzeugwerk" verstößt gegen § 18 Abs. 2 Satz 1 HGB, wonach die Firma keine Angaben enthalten darf, die geeignet sind, über geschäftliche Verhältnisse, die für die angesprochenen Verkehrskreise wesentlich sind, irrezuführen. Nach § 18 Abs. 2 Satz 2 HGB wird im Verfahren vor dem Registergericht die Eignung zur Irreführung nur berücksichtigt, wenn sie ersichtlich ist.
Zur Irreführung geeignet i.S.d. § 18 Abs. 2 Satz 1 HGB sind solche Angaben, die bei einem Angehörigen der angesprochenen Verkehrskreise Fehlvorstellungen hervorrufen können. Ob eine Eignung zur Irreführung gegeben ist, ist vom Standpunkt der beteiligten Verkehrskreise, z.B. Käuferschaft, branchenkundige Kaufleute, Lieferanten und Kreditgeber, zu beurteilen. Als Maßstab in § 18 Abs. 2 Satz 1 HGB dient - objektiviert - die Sicht des durchschnittlichen Angehörigen des betroffenen Personenkreises bei verständiger Würdigung. Maßgebend ist also auf den "durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher" abzustellen. Die Irreführungseignung ist daher in der Regel normativ festzustellen (OLG Jena vom 22.6.2010 - 6 W 30/10, juris Rz. 11; OLG München, Beschl. v. 28.4.2010 - 31 Wx 117/09, juris Rz. 14).
Der Verkehr verbindet mit dem Begriff "Werk" in der Regel die Vorstellung von einem Betrieb der industriellen Herstellung, Bearbeitung und Verarbeitung. Der informierte Durchschnittverbraucher erwartet nach Auffassung des Senats noch immer - außer in bestimmten Kombinationen wie Presswerk, Sägewerk, Marmorwerk, Betonwe...