Verfahrensgang
LG Erfurt (Aktenzeichen 1 HK O 175/14) |
Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Erfurt vom 30.10.2015, Az. 1 HK O 175/14, abgeändert und die Beschlüsse der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 15.10.2014 mit folgendem Inhalt werden für nichtig erklärt:
Der Geschäftsanteil der B___GmbH im Nennbetrag von ___.- Euro wird gemäß § 10 Absatz 1 d) der Satzung eingezogen. Der Geschäftsführer wird beauftragt, der Gesellschafterin gegenüber die Einziehung schriftlich zu erklären.
Die Gesellschaft hat für den eingezogenen Geschäftsanteil nach § 11 der Satzung eine Vergütung in Höhe des Anteilswerts, die nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Unternehmensbewertung nach den vom Institut der Wirtschaftsprüfer veröffentlichten Richtlinien der im Zeitpunkt des Ausscheidens aktuellen Fassung zu ermitteln ist, zu zahlen. Der Geschäftsführer wird beauftragt, das Einziehungsentgelt zu ermitteln. Die Auszahlung des Abfindungsbetrages erfolgt entsprechend § 11 der Satzung. Die satzungsmäßige Abfindung an die B___GmbH soll dabei nicht von der Gesellschaft geschuldet werden, sondern von der R___GmbH. Die R___GmbH wird ungeachtet dieser Schuldübernahme die Gesellschaft von allen eventuellen Abfindungsansprüchen der B___GmbH freistellen, so dass die Gesellschaft durch Abfindungsansprüche der B___GmbH nicht belastet wird.
Die Nennbeträge der nach der Einziehung verbleibenden Geschäftsanteile werden anteilig um den Nennbetrag des eingezogenen Geschäftsanteils im Verhältnis der Nennbeträge der verbleibenden Geschäftsanteile zum Stammkapital erhöht.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen zu tragen.
3. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin wendet sich gegen Beschlüsse der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 15.10.2014, mit denen der Geschäftsanteil der Klägerin an der Beklagten eingezogen und weitere Regelungen getroffen wurden.
Mit dem angefochtenen Urteil hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Es wird gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nummer 1 ZPO auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.
Die Klägerin war nach dem 15.10.2014 nicht mehr als Gesellschafterin in der im Handelsregister aufgenommenen Gesellschafterliste der Beklagten eingetragen, da der Geschäftsführer der Beklagten unverzüglich nach der Beschlussfassung eine korrigierte Gesellschafterliste zum Handelsregister einreichte.
Mit ihrer Berufung trägt die Klägerin vor,
die Klägerin sei klagebefugt. Die Feststellung, nur der Listen-Gesellschafter könne eine Beschlussmängelklage erheben, gehe über den Regelungsgehalt von § 16 Abs. 1 GmbHG hinaus. Nach der Neufassung wäre, wenn man der Auffassung umfassender Legitimationswirkung folge, der Inhaber eines Geschäftsanteils schutzlos gestellt. Sinn und Zweck der Neufassung könne nur sein, dass eine materiell-rechtliche Veränderung im Verhältnis zur Gesellschaft erst dann zu beachten sei, wenn die Gesellschafterliste entsprechend geändert worden sei. Für die Wahrnehmung der Rechte gegen den Einziehungsbeschluss sei jedenfalls von der weiteren Rechtsinhaberschaft auszugehen, um der verfassungsrechtlich gebotenen Rechtsschutzmöglichkeit Geltung zu verschaffen.
Die Ladung vom 24.09.2014 sei der Klägerin durch die Gerichtsvollzieherin am 25.09.2014 zugestellt worden. Es sei davon auszugehen, dass die Beklagte die Zustellungsbestätigung erhalten und deswegen gewusst habe, dass eine Zustellung stattgefunden habe. Sie habe daher nicht von einem Nichtzugang der Einladung bei der Klägerin ausgehen können. Auch die Klägerin sei nach Erhalt der Einladung zunächst von einer wirksam einberufenen Gesellschafterversammlung ausgegangen.
Folge man jedoch der Argumentation des Landgerichts, dass durch die Einladung vom 24.09.2014 keine wirksame Einberufung erfolgt sei, müsse die Einladung mit Schreiben vom 28.09.2014 isoliert betrachtet und auf ihre Wirksamkeit hin bewertet werden. Das Einladungsschreiben sei erst 2 Tage vor der beabsichtigten Gesellschafterversammlung zugestellt worden, nämlich am 13.10.2014. Sie sei daher nicht fristgerecht erfolgt. Wegen der Kürze der Zeit zwischen der Zustellung der Einladung und der Gesellschafterversammlung sei von einer faktischen Unzumutbarkeit bis Unmöglichkeit der Teilnahme auszugehen, so dass die gefassten Beschlüsse nichtig seien; jedenfalls seien sie für nichtig zu erklären.
Dass die Ladung erst am 13.10.2014 zugestellt worden sei, habe sich bereits aus der als Anlage K4 erstinstanzlich vorgelegten Kopie der Ladung ergeben. Die Behauptung der Beklagten, auch zu der Gesellschafterversammlung am 15.10.2014 sei vorab mittels Einschreiben eingeladen worden, werde mangels einer positiven Er...