rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Benutzungsgebührenrecht. Abgabenbescheid. Zweckverband. Nichtigkeit. Existenz. Offenkundigkeit. Fehler. Benutzungsgebühren. Antrag auf Zulassung der Berufung
Leitsatz (amtlich)
Die Abgabenbescheide eines Zweckverbandes, dessen fehlende rechtliche Existenz erst nach dem Erlass der Abgabenbescheide festgestellt wird, der aber im Rechtsverkehr über Jahre ohne Beanstandung durch die Aufsichtsbehörde oder ein Gericht aufgetreten ist, sind regelmäßig nicht nichtig, sondern nur rechtswidrig.
Verfahrensgang
VG Gera (Urteil vom 16.10.2001; Aktenzeichen 5 K 1794/99) |
Tenor
1. Auf den Zulassungsantrag des Beklagten wird die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Gera vom 16. Oktober 2001 – 5 K 1794/99 GE – zugelassen, soweit das Verwaltungsgericht den Beklagten verpflichtet hat, dem Kläger 734,50 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 10. Dezember 1999 bis zum 30. April 2000 und nebst 6 % Zinsen seit dem 1. Mai 2000 zu erstatten.
Das Verfahren wird insoweit als Berufungsverfahren unter dem Aktenzeichen 4 KO 743/02 fortgeführt.
2. Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Gera vom 16. Oktober 2001 – 5 K 1794/99 GE – im Übrigen wird abgelehnt.
3. Die Kostenentscheidung bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.
Tatbestand
I.
Der Antrag des Beklagten auf Zulassung der Berufung ist zulässig und begründet, weil die Rechtssache insoweit grundsätzliche Bedeutung hat (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO in der bis zum 31.12.2001 geltenden und hier gemäß § 194 Abs. 2 VwGO noch anzuwendenden Fassung).
Entscheidungsgründe
II.
Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil, soweit das Verwaltungsgericht danach die Klage hinsichtlich des 734,50 DM übersteigenden Betrages abgewiesen hat, ist zulässig, aber unbegründet. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Berufung liegen insoweit nicht vor, weil aus den geltend gemachten Gründen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung bestehen (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
Ernstliche Zweifel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestehen nur dann, wenn bei der im Zulassungsverfahren allein möglichen summarischen Prüfung der Erfolg des Rechtsmittels – hier der Berufung – wahrscheinlicher ist als der Misserfolg. Ob solche Zweifel vorliegen, hat das Rechtsmittelgericht grundsätzlich nur an Hand der Gesichtspunkte zu überprüfen, die zur Begründung des geltend gemachten Zulassungsgrundes dargelegt werden (ständige Senatsrechtsprechung, vgl. etwa den Beschluss vom 21.08.2000 – 4 ZEO 1239/98 – LKV 2001, S. 231 [232], m. w. Nw.).
Das Verwaltungsgericht hat die teilweise Klageabweisung im Wesentlichen darauf gestützt, dass der zunächst im Bescheid vom 15.02.1997 liegende Rechtsgrund für die Gebührenfestsetzung betreffend die Vorausleistungen für 1997 abgelöst worden sei durch den bestandskräftig gewordenen (endgültigen) Gebührenbescheid vom 15.02.1998. Dieser endgültige Bescheid stelle mangels Widerspruchseinlegung durch den Kläger trotz der fehlenden Existenz des Beklagten als Zweckverband einen Rechtsgrund für das Behaltendürfen der Abgaben für 1997 dar, weil er nicht gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b ThürKAG i. V. m. § 125 Abs. 1 AO 1977 nichtig sei. Denn der hier zu bejahende besonders schwere Fehler – der Erlass eines Verwaltungsaktes durch einen nicht zuständigen Vorverband – sei jedenfalls nicht offenkundig. Die Existenz des Beklagten als Zweckverband sei erstmals durch den Beschluss des Verwaltungsgerichts Gera vom 10.10.1996 – 2 E 130/96 GE – verneint worden. Dies habe aber nicht zur offenkundig erkennbaren Fehlerhaftigkeit des Gebührenbescheides vom 15.02.1998 geführt, weil dieser Beschluss nicht rechtskräftig geworden sei, sondern der Beklagte gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Beschwerde beim Thüringer Oberverwaltungsgericht eingelegt hatte. Erst im Jahre 1999 habe sich die Rechtsprechung zur Fehlerhaftigkeit der Verbandsgründung des Beklagten mit einem weiteren Beschluss des Verwaltungsgerichts Gera vom 30.08.1999 – 5 E 331/99 GE – verdichtet. Eine Offenkundigkeit der fehlerhaften Verbandsgründung des Beklagten und damit der Fehlerhaftigkeit seiner Verwaltungsakte könne aber erst ab dem Zeitpunkt angenommen werden, als das Thüringer Oberverwaltungsgericht die Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Gera vom 10.10.1996 mit Beschluss vom 16.11.1999 – 4 EO 919/96 – zurückgewiesen und das von der Öffentlichkeit beobachtete Verfahren damit zum Abschluss gebracht habe. Zu diesem Zeitpunkt sei der Bescheid vom 15.02.1998 jedoch bereits bestandskräftig gewesen.
Hiergegen wendet der Kläger zur Begründung seines Zulassungsantrages ein, die schwere Fehlerhaftigkeit des Bescheides vom 15.02.1998 habe sich einem kritischen Durchschnittsbetrachter spätestens mit dem Beschluss des Verwaltungsgerichts Gera vom 10.10.1996 aufgedrängt, so dass der Bescheid bezogen auf die Abgabe in Höhe von 249,00 DM keinen Rechtsgrund für das Behaltendürfen...