rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Baueinstellung. Bauvorlagen. Abweichung. Abstand. Abstand(s)fläche. Grundstücksgrenze. Neuvermessung. Grenzverlauf. Abmessung. Baugenehmigung. rechtswidrig. Rücknahme. Auflage. Nichterfüllung
Leitsatz (amtlich)
Hält ein Gebäude den in der Baugenehmigung vorgeschriebenen Abstand zum Nachbargrundstück lediglich deshalb nicht ein, weil sich im Nachhinein aufgrund einer katasteramtlichen Neuvermessung ein anderer Grenzverlauf ergeben hat, als er den genehmigten Bauvorlagen zugrundeliegt, stellt dies keine die Baueinstellung rechtfertigende Abweichung der Bauausführung von den genehmigten Bauvorlagen im Sinne des § 88 Abs. 1 Nr. 2 ThürBO dar.
Orientierungssatz
Bauplanungs-, Bauordnungs- und Städtebauförderungsrecht
Normenkette
ThürBO § 6 Abs. 5 S. 1, § 70 Abs. 7, § 76 Abs. 1 Nrn. 1-2; ThürVwVfG §§ 48-49
Verfahrensgang
VG Meiningen (Beschluss vom 02.03.2000; Aktenzeichen 5 E 157/00) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Meiningen vom 2. März 2000 – 5 E 157/00 – abgeändert.
Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragsteller gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 17. September 1999 wird wiederhergestellt, soweit darin unter Ziff. 1 die Einstellung der Bauarbeiten angeordnet worden ist, und angeordnet, soweit unter Ziff. 2 für den Fall der Zuwiderhandlung gegen Ziff. 1 des Bescheides ein Zwangsgeld in Höhe von 2.000 DM angedroht worden ist.
Der Antragsgegner hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 4.500,–DM festgesetzt.
Tatbestand
I.
Die Antragsteller wenden sich mit ihrer Beschwerde gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts, durch die ihr gegen die Vollziehung einer vom Antragsgegner verfügten Baueinstellung und der damit verbundenen Zwangsgeldandrohung gerichteter Eilantrag abgelehnt worden ist.
Die Antragsteller sind Eigentümer des Grundstücks E_______ in Mehmels (Flurstück a der Gemarkung Mehmels). Auf ihren am 12.9.1996 gestellten Bauantrag erteilte ihnen der Antragsgegner am 23.10.1996 die Baugenehmigung für das mit „Sanierung Nebengebäude in Massivbauweise” bezeichnete Bauvorhaben. In der Genehmigung heißt es u.a.:
„Die nachstehend … enthaltenen Auflagen (A) und Bedingungen (B) … sind Bestandteile dieser Genehmigung. …
…
3. Das Gebäude ist ohne Abstand direkt an der Grenze zu errichten.
4. Bauteile dürfen die Grundstücksgrenze nicht überragen.
5. Gemäß § 78 Abs. 1 ThürBO ist ein amtlicher Nachweis darüber vorzulegen, dass die Grundrissflächen und die festgelegte Höhenlage und Grenzabstände eingehalten worden sind (A).”
Aus den genehmigten Bauvorlagen ergibt sich, dass das Nebengebäude zum südöstlich angrenzenden Nachbargrundstück E__________ (Flurstück b) einen Abstand von 3 m einhalten soll; zum nordwestlich angrenzenden Grundstück E_____ (Flurstück c) hält das Gebäude nach den Bauvorlagen keinen Grenzabstand ein.
Unter dem 24.10.1996 sandte der Antragsteller zu 2 das für die Mitteilung über den Baubeginn vorgesehene Formular zurück und teilte darin mit, dass mit der Ausführung der Bauarbeiten am 1.11.1996 begonnen werde. In diesem Formular findet sich u.a. folgender Text:
„Die Absteckung der Grundrissfläche und die Angabe der festgelegten Höhenlage habe ich vornehmen lassen durch den Vermessungsingenieur:
Die Grundrissfläche, die erforderlichen Grenzabstände sowie die Höhenlage des Gebäudes wurden gemäß der Baugenehmigung abgesteckt.
Der amtliche Nachweis über die Einhaltung ist als Anlage beigefügt.”
Neben dem ersten Satz des Formulartextes befindet sich ein Stempel und die Unterschrift des Amtsleiters der Bauverwaltung der Verwaltungsgemeinschaft „Wasungen – Amt Sand” mit dem Zusatz, die baulichen Maße des Gebäudes und die Höhenlage seien eingehalten. Eine Anlage war dem Formular nicht beigefügt.
Am 16.8.1999 wurde der Antragsgegner seitens der Grundstücksnachbarn des Antragstellers darüber informiert, dass eine durch sie veranlasste Grundstücksvermessung die Nichteinhaltung des Grenzabstandes vom 3 m ergeben habe. In der Akte findet sich hierzu eine von den Antragstellern zu einem späteren Zeitpunkt eingereichte zeichnerische Darstellung, die als Ergebnis der katasteramtlichen Neuvermessung nach dem Stand vom 7.9.1999 (gemeint ist möglicherweise der 9.7.1999) einen von der Darstellung in den Bauvorlagen abweichenden Grenzverlauf zeigt. Danach verläuft die Grenze nicht mehr parallel zum Nebengebäude der Antragsteller, sondern zunächst leicht schräg auf dieses zu, um dann abzuknicken. Dort, wo der Grundstücksverlauf abknickt, ist eine neue Grenzmarkierung angebracht worden; hier beträgt der Abstand zwischen Nebengebäude und Grenze ausweislich der erwähnten zeichnerischen Darstellung nur 2,62 m.
Ausweislich eines Aktenvermerks sprach ein Mitarbeiter des Antragsgegners am 15.9.1999 gegenüber dem Antragsteller zu 2 einen mündlichen Baustopp aus; das Nebengebäude war zu diesem Zeitpunkt im Rohbau weitgehend fertig gestellt.
Mit Bescheid vom 17.9.1999 bestätigte der An...