Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachbarrechtswidrigkeit der Genehmigung einer Nutzungsänderung eines Mitarbeiterparkplatzes zu einem Leergutlager einer Brauerei
Leitsatz (amtlich)
Die Baugenehmigung für die Nutzungsänderung eines Mitarbeiterparkplatzes zu einem Leergutlager einer Brauerei verstößt gegenüber einer nur durch eine Straße getrennten Wohnbebauung grundsätzlich gegen das Gebot der Rücksichtnahme.
Normenkette
VwGO § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 3, Abs. 5 S. 1 1. Hs, § 80a Abs. 3, §§ 88, 91, 122 Abs. 1, § 123; BauGB §§ 34, 212a Abs. 1; BauNVO § 15 Abs. 1 S. 2
Nachgehend
Tenor
Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin vom 25.09.2008 wird angeordnet.
Die Kosten des Verfahrens tragen die Antragsgegnerin und die Beigeladene jeweils zur Hälfte. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen werden nicht erstattet.
Der Streitwert wird auf 3.750,-- Euro festgesetzt.
Gründe
Die Anträge der Antragstellerin im vorliegenden Verfahren sind unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Antragsgegnerin der Beigeladenen mit Bauschein vom 10.09.2008 die Genehmigung zur Umwidmung des Mitarbeiterparkplatzes im Bereich der … Straße … in eine Winterleergutfläche genehmigt hat, dahin auszulegen, dass sie die Anordnung der aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs vom 25.09.2008 begehrt. In ihrer Antragsschrift vom 12.07.2008 hatte die Antragstellerin zunächst beantragt, die von der Beigeladenen bereits ausgeführten baulichen Veränderungen auf dem hier streitgegenständlichen Grundstück “rückgängig zu machen”. Diesen Antrag hat sie mit Schriftsatz vom 31.08.2008 dahin umgestellt, dass sie die Verpflichtung der Beigeladenen begehre,
1. vorerst keine Fässer mehr zwecks Stapelung heranzufahren,
2. vorerst keine Fässer auf Lkws zu verladen/von Lkws zu entladen oder in sonstiger Weise abzutransportieren,
3. die zur … Straße hin geöffnete Zufahrt nicht als Ein- und Ausfahrt zu benutzen.
Die von der Antragstellerin angegriffene Nutzung des ehemaligen Mitarbeiterparkplatzes als Leergutlagerfläche sowie die Änderung der Zufahrt ist nunmehr Gegenstand der Bauschein vom 10.09.2008. Insofern kommt eine Nutzungsuntersagung nur in Betracht, wenn zuvor die Rechtswirkung dieser Baugenehmigung suspendiert wird. Dies kann allein durch die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gemäß § 80 Abs. 5 VwGO geschehen. Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die nicht anwaltlich vertretene Antragstellerin dem Gericht mit Telefax vom 25.09.2008 ihren an die Antragsgegnerin gerichteten Widerspruch vom selben Tag übersandt hat, ist ihr Rechtsschutzbegehren im vorliegenden Verfahren gemäß §§ 122 Abs. 1, 88 VwGO dahin auszulegen, dass sie nunmehr die Anordnung der aufschiebenden Wirkung dieses Widerspruchs begehrt, auch wenn sie dies nicht ausdrücklich beantragt hat.
Die Änderung des Antrags von einem auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO in einen auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen die später erteilte Baugenehmigung ist auch in entsprechender Anwendung von § 91 VwGO zulässig, weil das Gericht sie für sachdienlich hält. Der Antrag ist nach §§ 80a Abs. 3, 80 Abs. 5 Satz 1 1. Hs. i.V.m. Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO statthaft, da Widerspruch und Anfechtungsklage bei Baugenehmigungen nach § 212a Abs. 1 BauGB keine aufschiebende Wirkung haben.
Der Antrag, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin vom 25.09.2008 gegen der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 10.09.2008 anzuordnen, hat in der Sache Erfolg.
Die im Rahmen dieses Verfahrens vorzunehmende summarische Überprüfung nach Maßgabe der §§ 80a Abs. 3, 80 Abs. 5 VwGO setzt für die begehrte Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs eine Verletzung der dem Schutz des Antragstellers dienenden Rechte mit “überwiegender Wahrscheinlichkeit” voraus, die bereits mit den Erkenntnismöglichkeiten des Eilrechtschutzverfahrens festgestellt werden kann. Dieser Maßstab ergibt sich aus der in § 212a Abs. 1 BauGB enthaltenen Entscheidung des Gesetzgebers, die aufschiebende Wirkung des Nachbarwiderspruches gegen die bauaufsichtliche Zulassung eines Vorhabens grundsätzlich auszuschließen.
Vgl. OVG des Saarlandes, Beschlüsse vom 09.08.2001 – 2 V 4/01 – AS RP-SL 29, 182 = BRS 64 Nr. 191 und vom 27.10.2003 – 1 W 34/03 – m.w.N..
Der Erfolg einer baurechtlichen Nachbaranfechtung setzt voraus, dass die angefochtene Baugenehmigung nicht nur rechtswidrig ist, sondern darüber hinaus gerade den Nachbarn in subjektiv-öffentlichen Nachbarrechten verletzt. Ob die angefochtene Baugenehmigung insgesamt objektiv rechtmäßig ist, ist nicht maßgeblich. Vielmehr ist die Baugenehmigung allein daraufhin zu untersuchen, ob sie gegen Vorschriften verstößt, die dem Schutz des um Rechtsschutz nachsuchenden Nachbarn dienen. Der Nachbar kann sich nur auf solche Interessen berufen, die das Gesetz im Verhältnis der Grundstücksnachbarn untereinander als schutzwürdig ansieh...