Entscheidungsstichwort (Thema)
Zulassung eines Neubewerbers zur Kirmes
Normenkette
VwGO § 113 Abs. 4 S. 2, § 114; GewO § 60b Abs. 1, § 70 Abs. 1-3; KSVG § 19 Abs. 1-2, § 34 Abs. 1 S. 1, § 73 Abs. 3 Nr. 5
Tenor
Der Antragsgegner wird verpflichtet, über die Bewerbung der Antragstellerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts bis Donnerstag den 06.05.2010, 15.00 Uhr, – neu – zu entscheiden und dem Antragsgegner bekannt zu geben.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsgegner.
Der Streitwert wird auf 600,00 EUR festgesetzt.
Gründe
Das Rechtsschutzbegehren der Antragstellerin auf vorläufige Verpflichtung des Antragsgegners zur (Neu-) Bescheidung seiner Bewerbung um Zuteilung eines Standplatzes für seinen Autoskooter anlässlich der Bachemer Maikirmes 2010 ist zulässig und begründet.
Eine -wie hier- auf Vorwegnahme der Hauptsache gerichtete einstweilige Anordnung setzt neben einer besonderen Dringlichkeit voraus, dass aller Wahrscheinlichkeit nach das Begehren in der Hauptsache erfolgreich wäre.
Die besondere Dringlichkeit ergibt sich vorliegend aus dem Umstand, dass die Bachemer Maikirmes bereits am kommenden Wochenende (9./10.05.2010) stattfindet.
Das Begehren der Antragstellerin auf (Neu-) Bescheidung wäre in der Hauptsache aller Wahrscheinlichkeit nach auch begründet.
Der Anspruch der Antragstellerin auf Bescheidung ihres Bewerbungsantrages ergibt sich aus § 70 Abs. 1 GewO.
Gemäß § 70 Abs. 1 der Gewerbeordnung – GewO – ist jedermann, der dem Teilnehmerkreis der festgesetzten Veranstaltung – hier eines Volksfestes i.S.d. § 60 b Abs. 1 der GewO – angehört, nach Maßgabe der für alle Veranstaltungsteilnehmer geltenden Bestimmungen zur Teilnahme an der Veranstaltung berechtigt.
Der Veranstalter kann, wenn es für die Erreichung des Veranstaltungszwecks erforderlich ist, die Veranstaltung auf bestimmte Ausstellergruppen, Anbietergruppen und Besuchergruppen beschränken, soweit dadurch gleichartige Unternehmen nicht ohne sachlich gerechtfertigten Grund unmittelbar oder mittelbar unterschiedlich behandelt werden (§ 70 Abs. 2 GewO).
Der Veranstalter kann aus sachlich gerechtfertigten Gründen, insbesondere wenn der zur Verfügung stehende Platz nicht ausreicht, einzelne Aussteller, Anbieter oder Besucher von der Teilnahme ausschließen (§ 70 Abs. 3 GewO).
Aus dem Zusammenwirken dieser Absätze des § 70 der GewO ist der als Ausprägung des Grundsatzes der Marktfreiheit bestehende grundsätzliche Anspruch auf Zulassung zu dem jeweiligen Markt nach Abs. 3 der zitierten Bestimmung in der Weise eingeschränkt, dass die Behörde einen Bewerber wegen Platzmangels von der Teilnahme ausschließen darf. Das der Behörde in § 70 Abs. 3 GewO eingeräumte Ausschließungsermessen ist nach dem eindeutigen Wortlaut der Bestimmung insoweit begrenzt, als ein Ausschluss nur bei Vorliegen eines sachlich gerechtfertigten Grundes erlaubt ist (BVerwG, Urteil vom 27.04.1984 – 1 C 24.82 –, GewArch 1984, 265).
Bei Platzmangel muss die Behörde ihre Auswahlentscheidung deshalb an einem schlüssigen Marktkonzept ausrichten. Sie darf dabei dem Kriterium der Vielseitigkeit und Attraktivität des Marktgeschehens maßgebliche Bedeutung beimessen (vgl. OVG Bremen, Urteil vom 25.03.1980 – 1 BA 5/79 – GewArch 1980, S. 229). Zugleich verbietet der Grundsatz der Marktfreiheit der Behörde, den Konflikt zwischen Stammbeschickern und Neubewerbern einseitig – so wie es offensichtlich der Ortsvorsteher von Bachem bisher gehandhabt hat – zu Gunsten der Stammbeschicker zu lösen. Das Kriterium “bekannt und bewährt”, das in einem gewissen Rahmen durchaus sachgerecht sein kann, darf nicht dazu führen, dass Neubewerbern die Zulassungschance genommen wird (vgl. OVG Bremen, Beschluss vom 07.10.1985 – 1 B 46/85 – GewArch 1985, S. 386; zu den Vorgaben für das Ausschließungsermessen der Behörde auch OVG Bremen, Urteil vom 27.04.1993 – 1 BA 49/92 – GewArch 1993, S. 480).
Für jene muss jedoch nicht bei jeder einzelnen festgesetzten Veranstaltung, sondern lediglich in einem erkennbaren zeitlichen Turnus eine Zulassungschance bestehen. Deshalb ist die Bevorzugung bekannter und bewährter Unternehmer aus Sachgründen mit dem Prinzip der Marktfreiheit vereinbar, soweit eine konkrete Zulassungschance auch für Neubewerber besteht (OVG Niedersachsen, Urteil vom 18.07.2002 – 7 LB 383501 – GewArch 2002, 428).
Zwar ist offen, ob die Antragstellerin nach diesen Darlegungen einen Anspruch auf Zuteilung eines Standplatzes für ihren Autoskooter hat, wohl aber einen solchen auf fehlerfreie Ausübung des behördlichen Ermessens. In solchen Fällen, in denen die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist das Gericht lediglich zur Prüfung berechtigt, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts deshalb rechtswidrig sein könnten, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist (§ 114 VwGO).
Selbst in der Hauptsache käme gemäß § 113...