Entscheidungsstichwort (Thema)
Entziehung der Fahrerlaubnis. Canabis-Konsum. Antrag auf aufschiebende Wirkung des Widerspruchs
Normenkette
VwGO § 80 Abs. 5; StVG § 3 Abs. 1 S. 1, § 6 Abs. 1 Nr. 1 q; FeV § 46 Abs. 1
Tenor
Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers vom 08.08.2007 gegen die Verfügung der Antragsgegnerin vom 18.07.2007 wird wieder hergestellt.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragsgegnerin.
Der Streitwert wird auf 2.500,– Euro festgesetzt.
Gründe
Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers vom 08.08.2007 gegen die für sofort vollziehbar erklärte Verfügung der Antragsgegnerin vom 18.07.2007, durch welche dem Antragsteller die Fahrerlaubnis entzogen wurde und er zugleich unter Androhung von Zwangsmaßnahmen aufgefordert wurde, seinen Führerschein innerhalb einer Woche nach Zustellung der Verfügung bei der Antragsgegnerin abzuliefern, ist nach § 80 Abs. 5 VwGO zulässig und auch in der Sache begründet.
Die vom Gericht zu treffende Entscheidung nach § 80 Abs. 5 VwGO richtet sich danach, ob ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung der angegriffenen behördlichen Verfügung gegenüber dem Interesse des Antragstellers an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des von ihm eingelegten Rechtsbehelfs schwerer wiegt (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO). Im Rahmen dieser vom Gericht vorzunehmenden Interessenabwägung sind die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs zu berücksichtigen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs ist in der Regel abzulehnen, wenn der Rechtsbehelf nach dem zum Entscheidungszeitpunkt gegebenen Erkenntnisstand aller Voraussicht nach erfolglos bleiben wird; bei offensichtlichen Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs überwiegt dem gegenüber das Aussetzungsinteresse des Antragstellers.
Dies zugrunde gelegt kann der Antragsteller die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs beanspruchen, denn die Verfügung der Antragsgegnerin vom 18.07.2007 erweist sich im Rahmen der im vorliegenden Verfahren nur möglichen summarischen Überprüfung der Rechtslage sowie nach Maßgabe der derzeit vorliegenden Erkenntnisse als rechtswidrig, weil die Antragsgegnerin, ohne zuvor eine ärztliche Untersuchung zur Klärung der Konsumhäufigkeit, angeordnet zu haben, ausschließlich aufgrund des beim Antragsteller festgestellten THC-Carbonsäure-Wertes von einem gelegentlichen Cannabis-Konsum ausgegangen ist, obwohl dies von dem Antragsteller bestritten wurde.
Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 und § 6 Abs. 1 Nr. 1 q) StVG i.V.m. § 46 Abs. 1 FeV ist einem ungeeigneten Kraftfahrer die Fahrerlaubnis zu entziehen. Als ungeeignet erweist sich nach § 46 Abs. 1 Satz 2 FeV ein Führerscheininhaber insbesondere dann, wenn Erkrankungen oder Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 der Fahrerlaubnisverordnung vorliegen. Die Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen ist bei Einnahme von Cannabis – die hier in Rede steht – nach Nr. 9.2.1 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnisverordnung dann gegeben, wenn diese Droge regelmäßig eingenommen wird oder nach Nr. 9.2.2 bei gelegentlicher Einnahme von Cannabis, wenn keine Trennung zwischen Konsum und Fahren vorliegt. Für einen einmaligen Konsum von Cannabis enthält die FeV keine Bewertung.
In der angegriffenen Verfügung hat die Antragsgegnerin zur Begründung der Entziehung der Fahrerlaubnis des Antragstellers lediglich ausgeführt, dass aufgrund des bei der durchgeführten Blutuntersuchung, die auf der am Tattag entnommenen Blutprobe beruht, festgestellten Wertes von 0,096 mg/l (= 96,0 ng/ml) Tetrahydrocannabinol-Carbonsäure (THC-COOH) bei dem Antragsteller von einem zumindest gelegentlichen Cannabiskonsum auszugehen sei und daher feststehe, dass er zum Führen von Kraftfahrzeugen nicht geeignet sei.
Diese Einschätzung der Antragsgegnerin begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken, denn aus dem von der Antragsgegnerin festgestellten Sachverhalt kann ein gelegentlicher Cannabiskonsum des Antragstellers ohne weitere Ermittlungen hinsichtlich der Konsumgewohnheiten nicht als erwiesen angesehen werden. Die Antragsgegnerin hat keine tragfähigen tatsächlichen Anhaltspunkte dafür gewinnen können, dass der Antragsteller gelegentlich, also ab und zu, in unregelmäßigen Abständen Cannabis zu sich nimmt. Fest steht nur, dass er am 16.11.2006 gegen 10.10 Uhr unter Einfluss von Cannabis ein Kraftfahrzeug im Straßenverkehr geführt hatte. Bei dem Vorfall machte der Antragsteller keine Angaben zu einem Konsum von Betäubungsmitteln. Im Rahmen seiner Anhörung vor Erlass der Entziehungsverfügung hat der Antragsteller den gelegentlichen Konsum von Cannabis bestritten und behauptet, es handele sich um einen einmaligen experimentellen Konsum.
Die Höhe der im Blut des Antragstellers festgestellten Konzentration von THC-Carbonsäure erlaubt es indessen nicht, allein im Hinblick hierauf als erwiesen anzusehen, dass er gelegentlich Cannabis konsumiert. Ein gelegentlicher Cannabiskonsum setzt voraus, dass ...