Stufenweise Beteiligungsaufstockung

Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte über einen Fall des § 1 Abs. 2a GrEStG zu entscheiden, der die Besonderheit aufwies, dass innerhalb des maßgeblichen Fünfjahreszeitraums die Beteiligung eines neuen Gesellschafters stufenweise aufgestockt wurde. Besonderer Aspekt des Verfahrens war die Anzeigepflicht der Aufstockungen.

Vereinfachter Sachverhalt:

Eine bislang nicht beteiligte F-GmbH & Co. KG erwarb zunächst einen Anteil von 49 % an der grundbesitzenden Kläger-KG. Innerhalb von 5 Jahren stockte die F-GmbH & Co. KG stufenweise ihren Anteil auf eine vermögensmäßige Beteiligung von 100 % auf.

Regelungs­gehalt des § 1 Abs. 2a GrEStG

Durch das Überschreiten der 95-%-Grenze waren die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2a GrEStG erfüllt. Nach dieser Vorschrift ist ein wesentlicher Wechsel im Gesellschafterbestand einer grundbesitzenden Personengesellschaft steuerbar, wenn innerhalb von 5 Jahren mindestens 95 % der Anteile auf neue Gesellschafter übergehen. Neuer Gesellschafter ist derjenige, der ein Mitgliedschaftsrecht an der grundbesitzenden Personengesellschaft (erstmalig) erwirbt. Werden zunächst weniger als 95 % vermögensmäßige Beteiligung erworben, löst dies zwar noch nicht Grunderwerbsteuer nach § 1 Abs. 2a GrEStG aus. Es sind jedoch alle Anteilsübertragungen auf neue Gesellschafter in den nachfolgenden 5 Jahren aufzuaddieren. Wird innerhalb der 5 Jahre die 95-%-Grenze überschritten, liegt ein nach § 1 Abs. 2a GrEStG steuerbarer Vorgang vor. Dabei ist zu beachten, dass ein neuer Gesellschafter seine Stellung als Neugesellschafter erst verliert, wenn die 5-Jahresfrist abgelaufen oder der Tatbestand des § 1 Abs. 2a GrEStG erfüllt ist (im Einzelnen: gleichlautende Ländererlasse v. 18.2.2014, BStBl. 2014 I S. 561, Tz. 2).

Dies bedeutet im Streitfall, dass die F-GmbH & Co. KG auch nach ihrem Erwerb des 49-%-Anteils noch als Neugesellschafterin gilt, d. h. ihre Aufstockungen gelten weiterhin als Anteilsübertragungen auf neue Gesellschafter, und zwar so lange, bis die 5-Jahresfrist abgelaufen ist oder – wie hier – die 95-%-Grenze erreicht wird.

Anzeigepflicht (§ 19 GrEStG) bezieht sich auch auf Aufstockung der Beteiligung eines neuen Gesellschafters!

Unmittelbare und mittelbare Änderungen des Gesellschafterbestands einer grundbesitzenden Personengesellschaft, die innerhalb von 5 Jahren zum Übergang von 95 % der Anteile am Gesellschaftsvermögen auf neue Gesellschafter geführt haben, sind nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3a GrEStG dem zuständigen Finanzamt anzuzeigen. Die Anzeige hat fristgerecht und in allen Teilen vollständig zu erfolgen (vgl. § 19 Abs. 3, § 20 GrEStG). Dabei genügt es in den Fällen des § 1 Abs. 2a GrEStG nicht, nur den letzten, die Steuer auslösenden Erwerbsvorgang anzuzeigen. Da § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3a GrEStG mit seinem Wortlaut unmittelbar an § 1 Abs. 2a GrEStG anschließt, umfasst die Anzeigepflicht vielmehr alle Erwerbsvorgänge innerhalb von 5 Jahren durch Neugesellschafter, d. h. auch die Aufstockung der Beteiligungsquote eines neuen Gesellschafters.

Der BFH weist in seinem Urteil abschließend ganz ausdrücklich darauf hin, dass die Anzeigepflicht nicht davon abhängig ist, ob die Beteiligten wussten oder erkannt haben, dass der Rechtsvorgang grunderwerbsteuerbar/-pflichtig ist und dass eine Anzeigepflicht besteht.

Verletzung der Anzeigepflicht = Verletzung der Steuererklärungspflicht…

Es sollten daher unbedingt alle Erwerbsvorgänge, die zur Änderung des Gesellschafterbestands einer grundbesitzenden Personengesellschaft beitragen, angezeigt werden. Zu beachten ist, dass die Anzeigen i. S. d. § 19 GrEStG den Bestimmungen der Abgabenordnung (AO) unterliegen und eine Verletzung der Anzeigepflicht alle in der AO vorgesehenen Folgen einer Verletzung der Steuererklärungspflicht nach sich zieht. Im Übrigen führt die nicht ordnungsgemäße Anzeige der Vorgänge i. S. d. § 1 Abs. 2a GrEStG im Fall der Rückgängigmachung des Erwerbsvorgangs dazu, dass die Vergünstigung des § 16 GrEStG (Nichtfestsetzung der Steuer, Aufhebung oder Änderung der Steuerfestsetzung) nicht gewährt wird (§ 16 Abs. 5 GrEStG).

(BFH, Urteil v. 17.5.2017, II R 35/15)

Dieser Inhalt ist unter anderem im WohnungsWirtschafts Office Professional enthalten. Sie wollen mehr?