Mittelbare Beteiligungen
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat sich mit Urteil v. 9.7.2014 zu den Voraussetzungen des § 1 Abs. 2a GrEStG, insbesondere im Hinblick auf mittelbare Beteiligungen geäußert. Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde (verkürzt):
Zurückbehalt von 5,6 %
Im Streitfall erlangte der Erwerber eines Anteils an einer grundstücksbesitzenden Personengesellschaft eine vermögensmäßige Beteiligung von 94,4 %. Dies löste für sich genommen noch nicht Grunderwerbsteuer nach § 1 Abs. 2a GrEStG aus. Allerdings wurde ihm gleichzeitig hinsichtlich des Restanteils von 5,6 %, der zivilrechtlich beim Veräußerer verbleiben sollte, eine Kaufoption mit fest vereinbartem Kaufpreis eingeräumt und die auf diesen Anteil entfallenden zukünftigen Gewinne abgetreten. Im Ergebnis war der verbliebene Anteil eine "leere Hülle". Der Erwerber konnte aufgrund der ihm eingeräumten Rechte auch über den Restanteil von 5,6 % verfügen wie es grundsätzlich nur dem Gesellschafter selbst möglich ist.
Der BFH hat die Auffassung des Finanzamts, das von einer wesentlichen Änderung im Gesellschafterbestand der Personengesellschaft ausging und Grunderwerbsteuer festsetzte, geteilt.
Zurechnung des "Zwerganteils" nach § 39 Abs. 2 AO
Bei einer grundstücksbesitzenden Personengesellschaft unterliegt die Änderung ihres Gesellschafterbestandes der Grunderwerbsteuer, wenn 95 % der Anteile am Vermögen der Personengesellschaft innerhalb von 5 Jahren unmittelbar oder mittelbar auf neue Gesellschafter übergehen (§ 1 Abs. 2a GrEStG). Im Streitfall gingen BFH und Finanzamt davon aus, dass der Erwerber nach dem Erwerb der unmittelbaren Vermögensbeteiligung von 94,4 % innerhalb von 5 Jahren eine weitere Vermögensbeteiligung erworben hat: Hinsichtlich des zivilrechtlich beim Veräußerer verbliebenen Anteils von 5,6 % hat sich der Gesellschafterbestand der Personengesellschaft mittelbar geändert, weil dieser Anteil aufgrund der zwischen dem Veräußerer und dem Erwerber getroffenen Vereinbarungen in Anlehnung an die Grundsätze des § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO wirtschaftlich dem Erwerber zuzurechnen ist. Dieser ist ungeachtet des zivilrechtlich beim Veräußerer verbliebenen Anteils als wirtschaftlicher Eigentümer des Anteils anzusehen. Aufgrund des Optionsrechts ist dem Erwerber eine rechtlich geschützte, auf den Erwerb des Restanteils gerichtete Rechtsposition verschafft worden. Da der Kaufpreis für die zukünftige Übernahme des Restanteils fest vereinbart worden war, sind auf den Erwerber alle Risiken und Chancen zukünftiger Wertveränderung und mit der Abtretung aller zukünftigen Gewinne auch alle mit dem Restanteil verbundenen wesentlichen Rechte als Gesellschafter übergegangen. Unter diesen Voraussetzungen kam dem beim Veräußerer verbliebenen Stimmrecht wirtschaftlich keine Bedeutung mehr zu.
Diese Entscheidung ist insbesondere von Immobilien(verwaltungs)gesellschaften zu beachten. Eine Vermeidung der Grunderwerbsteuer durch Zurückbehalten eines "Zwerganteils" ist damit auf diesem Weg, wie ihn die Revisionsbeklagten beschritten hatten, nicht mehr möglich.
(BFH, Urteil v. 9.7.2014, II R 49/12, BFH/NV 2014 S. 1667-1669)