Prof. Dr. Heinz-Jürgen Pezzer
Leitsatz
Gehören mehrere Kfz zu einem Betriebsvermögen, ist § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG grundsätzlich auch dann fahrzeugbezogen, also mehrfach anzuwenden, wenn in tatsächlicher Hinsicht feststeht, dass ausschließlich eine Person die Fahrzeuge auch privat genutzt hat (gegen Tz. 9 Satz 2 des BMF-Schreibens v. 21.01.2002, IV A 6 – S 2177 – 1/02, BStBl I 2002, 148).
Sachverhalt
K hielt durchgängig 2, z.T. sogar 3 Kfz im Betriebsvermögen. Er führte keine Fahrtenbücher. Das Finanzamt unterwarf sämtliche Kfz der 1 %-Regelung. Dagegen wandte sich K mit dem Argument, laut BMF dürfe die 1 %-Regelung nur für das Kfz mit dem höchsten Listenpreis angewendet werden. Das FG wies die Klage ab. Auch die Revision war erfolglos.
Entscheidung
Die Bewertung der Privatnutzung eines betrieblichen Kfz anhand der 1 %-Regelung bedeutet für die Steuerpflichtigen eine Härte, weil sie in aller Regel zu einem unrealistisch hohen Ansatz der Nutzungsentnahme führt.
Diese Härte wird aber durch die Möglichkeit gemildert, die tatsächliche Privatnutzung durch ein Fahrtenbuch nachzuweisen.
Die Zwickmühle zwischen der Härte der 1 %-Regelung und der Kompliziertheit der Führung eines Fahrtenbuchs verstärkt sich in besonderer Weise, wenn mehrere Kfz im Betriebsvermögen gehalten, aber nur von einer Person abwechselnd auch privat genutzt werden:
- Zunächst stellt sich die Frage, ob man die 1 %-Regelung gleichsam global für den gesamten Kfz-Pool anwenden kann. Das ist nach dem Wortlaut des Gesetzes zu verneinen. Die 1 %-Regelung gilt ausdrücklich für jedes einzelne Kfz.
- Auch insoweit hat der Steuerpflichtige indes die Möglichkeit, die Härte der Regelung zu mildern, indem er für alle oder wenigstens ein Kfz ein Fahrtenbuch führt.
Nutzt nur eine einzige Person die Kfz abwechselnd privat, führt dies zu keiner anderen Beurteilung. Denn der Anwendungsbereich der 1 %-Regelung ist nicht davon abhängig, wie viele Personen ein Kfz privat nutzen.
Das BMF hatte die Folgen der 1 %-Regelung offenbar als übermäßig hart empfunden und es bis einschließlich 2009 zugelassen, der Ermittlung des Nutzungswerts nur das Kfz mit dem höchsten Listenpreis zugrunde zu legen, wenn der Steuerpflichtige glaubhaft macht, dass die betrieblichen Kfz nicht von Personen genutzt werden, die zu seiner Privatsphäre gehören. Diese Regelung lässt sich nach dem Gesetz kaum halten.
Hinweis
Da hier eine Entscheidung im Steuerfestsetzungsverfahren zu treffen war, musste die Frage offen bleiben, ob der Steuerpflichtige möglicherweise Anspruch auf eine Billigkeitsmaßnahme hatte, weil er im Vertrauen auf das zitierte BMF-Schreiben davon abgesehen hatte, Fahrtenbücher zu führen. Unter diesem Gesichtspunkt könnte es sich in vergleichbaren Fällen empfehlen, nachträglich einen Billigkeitsantrag beim Finanzamt zu stellen.
Link zur Entscheidung
BFH, 09.03.2010, VIII R 24/08.