Prof. Dr. Heinz-Jürgen Pezzer
Leitsatz
Schuldzinsen für die Anschaffung einer im Privatvermögen gehaltenen Beteiligung i.S. v. § 17 EStG, die auf Zeiträume nach Veräußerung der Beteiligung oder Auflösung der Gesellschaft entfallen, können ab dem Veranlagungszeitraum 1999 wie nachträgliche Betriebsausgaben als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen abgezogen werden (Änderung der Rechtsprechung).
Sachverhalt
K hatte den Kauf von GmbH-Anteilen per Darlehen finanziert und diese Anteile später veräußert. Für die Zeit nach der Veräußerung machte er erfolglos weiterhin angefallene Darlehenszinsen als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen geltend. Das FG wies die Klage im Wesentlichen ab. Der BFH hob die Vorentscheidung auf und verwies die Sache zurück. Die Schuldzinsen sind nachträgliche Werbungskosten, ihre Höhe ist noch festzustellen.
Entscheidung
Aufwendungen sind als durch eine Einkunftsart veranlasst anzusehen und dementsprechend als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abziehbar, wenn sie hierzu in einem steuerrechtlich anzuerkennenden wirtschaftlichen Zusammenhang stehen. Zinsen auf Betriebsschulden sind auch nach Aufgabe oder Veräußerung des Betriebs grundsätzlich als Betriebsausgaben abziehbar, soweit sie nicht auf Verbindlichkeiten entfallen, die durch den Veräußerungspreis und die Verwertung von zurückbehaltenen aktiven Wirtschaftsgütern hätten getilgt werden können.
Dagegen wurde ein solcher Zusammenhang bisher für Einkünfte aus Kapitalvermögen grundsätzlich verneint und der Abzug von (nachträglichen) Schuldzinsen abgelehnt, die für die Anschaffung einer im Privatvermögen gehaltenen Beteiligung i.S. v. § 17 EStG anfallen.
Diese Rechtsprechung wurde nun für nachträgliche Schuldzinsen im Zusammenhang mit Beteiligungen i.S. v. § 17 EStG aufgegeben:
- Nach der Senkung der maßgeblichen Beteiligungsgrenze auf letztlich 1 % ab 2001 und der damit einhergehenden Gleichbehandlung von Gewinnausschüttung und Veräußerung besteht für Einkünfte aus Kapitalvermögen jedenfalls bei einer Beteiligung i.S. v. § 17 EStG keine sachliche Rechtfertigung mehr für die Zuweisung nachträglicher Finanzierungskosten zur (grundsätzlich) nicht steuerbaren Vermögensebene.
- Mit der Senkung der Wesentlichkeitsschwelle in § 17 Abs. 1 EStG und der Erweiterung der Erfassung privater Veräußerungsgeschäfte in § 23 EStG hat der Gesetzgeber bezüglich der Erfassung von Wertsteigerungen im Privatvermögen einen Paradigmenwechsel eingeleitet.
Ob und inwieweit die Ausdehnung der Steuerbarkeit von privaten Veräußerungsgewinnen aus dem Verkauf von Grundstücken zu einer anderen Beurteilung des Abzugs nachträglicher Schuldzinsen bei Vermietungseinkünften zwingt, hatte der VIII. Senat nicht zu entscheiden. Insoweit wird auch die Rechtsprechung des IX. Senats als überprüfungsbedürftig angesehen. Zurzeit liegen dem IX. Senat des BFH indes dazu keine Streitfälle vor.
Link zur Entscheidung
BFH, 16.03.2010, VIII R 20/08.