Leitsatz

Dem EuGH werden folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

  1. Ist der Begriff "Nahrungsmittel" in Anhang H Kategorie 1 der 6. EG-RL dahin auszulegen, dass darunter nur Nahrungsmittel "zum Mitnehmen" fallen, wie sie typischerweise im Lebensmittelhandel verkauft werden, oder fallen darunter auch Speisen oder Mahlzeiten, die – durch Kochen, Braten, Backen oder auf sonstige Weise – zum sofortigen Verzehr zubereitet worden sind?
  2. Falls "Nahrungsmittel" i.S.d. Anhangs H Kategorie 1 der 6. EG-RL auch Speisen oder Mahlzeiten zum sofortigen Verzehr sind: Ist der Vorgang der Zubereitung der Speisen oder Mahlzeiten als Dienstleistungselement zu berücksichtigen, wenn zu entscheiden ist, ob die einheitliche Leistung eines Partyservice-Unternehmens (Überlassung von verzehrfertigen Speisen oder Mahlzeiten sowie deren Transport und gegebenenfalls Überlassung von Besteck und Geschirr und/oder von Stehtischen sowie das Abholen der zur Nutzung überlassenen Gegenstände) als steuerbegünstigte Lieferung von Nahrungsmitteln (Anhang H Kategorie 1 der 6. EG-RL) oder als nicht steuerbegünstigte Dienstleistung (Art. 6 Abs. 1 der 6. EG-RL) zu qualifizieren ist?
  3. Falls die Frage zu 2 verneint wird: Ist es mit Art. 2 Nr. 1 i.V.m. Art. 5 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 1 der 6. EG-RL vereinbar, bei der Qualifizierung der einheitlichen Leistung eines Partyservice-Unternehmens entweder als Warenlieferung oder als Dienstleistung eigener Art typisierend allein auf die Anzahl der Elemente mit Dienstleistungscharakter (zwei oder mehr) gegenüber dem Lieferungsanteil abzustellen oder sind die Elemente mit Dienstleistungscharakter unabhängig von ihrer Zahl zwingend – und bejahendenfalls nach welchen Merkmalen – zu gewichten?
 

Sachverhalt

Partyservice P überließ Kunden auf Wunsch neben Speisen auch Geschirr, Besteck, Stehtische und Personal. P unterwarf die Speisen dem ermäßigten Steuersatz, die übrigen Leistungen dem Regelsteuersatz.

Das Finanzamt nahm in den Fällen, in denen P neben Speisen auch Besteck etc. überlassen hatte, eine einheitliche Leistung an und wandte darauf den Regelsteuersatz an. Das FG wies die dagegen gerichtete Klage ab.

Der BFH hat das Verfahren ausgesetzt und dem EuGH obige Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt.

 

Hinweis

Die Abgabe von Speisen und Getränken zum sofortigen Verzehr stellt eine sonstige Leistung dar und unterliegt dem Regelsteuersatz. Leistungen eines Partyservices, die im Zubereiten von Speisen sowie im Überlassen und Reinigen von Geschirr und Besteck bestehen, sind als einheitliche sonstige Leistung zu behandeln und ebenfalls dem Regelsteuersatz zu unterwerfen.

Der Vorlagebeschluss soll klären, wo beim Überlassen von Speisen die Grenze zwischen sonstiger Leistung und Lieferung verläuft. Hierbei sind folgende Aspekte zu berücksichtigen:

  • Nach bisheriger Auffassung liegt beim Überlassen verzehrfertiger Speisen dann eine dem ermäßigten Steuersatz zu unterwerfende Lieferung vor, wenn keine sonstigen Leistungen hinzukommen. Es handelt sich dann um "Lebensmittelzubereitungen". Ob daran angesichts der Regelungen in Art. 55 und 57 der MwStSystR (vgl. BFH, Beschluss v. 15.10.2009, XI R 37/08, LSW ##/2010, S. ###) festzuhalten ist, ist fraglich.
  • Sollte der EuGH verzehrfertige Speisen als Nahrungsmittel ansehen, wäre entscheidungserheblich, ob das Zubereiten der Speisen als Dienstleistungselement zu berücksichtigen ist. Wenn dies der Fall ist, dürfte dieses Dienstleistungselement so gewichtig sein, dass das Hinzutreten einer weiteren Dienstleistung ausreicht, um die einheitliche Leistung als sonstige Leistung und nicht als Warenlieferung zu qualifizieren.
  • Falls die Zubereitung der Speisen nicht als Dienstleistungselement zu berücksichtigen ist, soll die 3. Vorlagefrage klären, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, um den einheitlichen Umsatz gleichwohl nicht mehr als Lieferung, sondern als sonstige Leistung zu qualifizieren. Fraglich ist dabei, ob aus Praktikabilitätsgründen auf die Kosten der jeweiligen Leistungselemente abzustellen ist.
 

Link zur Entscheidung

BFH, Beschluss vom 15.10.2009, XI R 6/08

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