Leitsatz
Ist der Verwaltungsakt, mit dem der Beginn einer Außenprüfung festgesetzt wurde, rechtswidrig und hat der Steuerpflichtige ihn oder die Prüfungsanordnung angefochten, so beinhaltet ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung der Prüfungsanordnung nicht auch einen Antrag auf Verschiebung des Beginns der Prüfung i. S. des § 197 Abs. 2 AO. Der Lauf der Festsetzungsfrist wird in einem solchen Fall nicht gemäß § 171 Abs. 4 Satz 1 AO gehemmt (Abgrenzung zu den BFH-Urteilen vom 18.10.1988, VII R 123/85, BStBl II 1989, S. 76; vom 25.1.1989, X R 158/87, BStBl II 1989, S. 483).
Sachverhalt
Gegen einen Forstwirt mit zwei Betrieben, davon ein Großbetrieb, erließ das Finanzamt am 26.11.1996 eine Betriebsprüfungsanordnung, nach der die Einkommensteuer einschließlich der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, die Umsatzsteuer für die Veranlagungszeiträume 1989 bis 1994 sowie die Vermögensteuer für die Veranlagungszeiträume 1986 bis 1995 geprüft werden sollten. Als voraussichtlicher Prüfungsbeginn wurde der 17.12.1996 benannt. Den dagegen gerichteten und mit einem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung verbundenen Einspruch wertete das Finanzamt als Antrag, den Beginn der Außenprüfung zu verschieben, ordnete den Beginn der Prüfung auf den 4.2.1997 an und gewährte bis zu diesem Termin Aussetzung der Vollziehung. Zu Beginn des Jahres 1997 machte der Forstwirt die Rechtswidrigkeit der Prüfungsanordnung wegen Festsetzungsverjährung geltend. Das Finanzamt gab dem Einspruch gegen die Prüfungsanordnung hinsichtlich der Vermögensteuer 1986 bis 1989 statt und wies ihn im Übrigen zurück. Das weitergehende Begehren hatte vor dem FG Erfolg. Dagegen richtet sich die Revision des Finanzamts.
Entscheidung
Die angefochtene Prüfungsanordnung ist – so der BFH – mit Ablauf des Jahres 1996 rechtswidrig geworden, soweit sie sich auf Zeiträume erstreckt, für die die normale Festsetzungsfrist mit diesem Zeitpunkt ablief. Eine Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 4 AO lag nicht vor, weil das Finanzamt bis zum Ablauf des Jahres 1996 noch nicht mit einer Außenprüfung begonnen hatte. Darüber hinaus können weder der Einspruch gegen die Prüfungsanordnung noch der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung als Antrag auf Hinausschieben des Prüfungsbeginns i. S. von § 171 Abs. 4 und § 197 Abs. 2 AO angesehen werden. Eine solche Auslegung kommt nach Auffassung des BFH nur in den Fällen in Betracht, in denen die Prüfungsanordnung oder die Bestimmung des Prüfungsbeginns rechtmäßig war und deshalb ohne diese Auslegung effektiver Rechtsschutz nicht gegeben wäre. Im Streitfall war die Festsetzung des Prüfungsbeginns auf den 17.12.1996 durch den Bescheid vom 26.11.1996 jedoch rechtswidrig, weil der voraussichtliche Beginn der Prüfung nicht entsprechend § 5 Abs. 4 BpO für den hier gegebenen Großbetrieb vier Wochen vorher mitgeteilt worden war und ohne – hier fehlende – triftige Gründe nicht verkürzt werden durfte.
Praxishinweis
Eine Prüfungsanordnung für festsetzungsverjährte Steuern kann nur ergehen, wenn die Verjährung erst nach der Klärung des Sachverhalts durch die Außenprüfung zuverlässig festzustellen ist; bei offenkundiger Festsetzungsverjährung ist sie aber rechtswidrig. Eine solche Offenkundigkeit ist – so der IV. Senat – nicht wegen der Frage zu verneinen, ob der Antrag auf Verlegung des Prüfungsbeginns als Antrag auf Aussetzung der Vollziehung der Prüfungsanordnung auszulegen ist.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 10.04.2003, IV R 30/01