Prof. Dr. Bernd Heuermann
Leitsatz
Aufwendungen für die Ablösung der Verpflichtung zur Herstellung von Stellplätzen wegen (Nutzung-) Änderung des Gebäudes nach der Landesbauordnung (§ 37 Abs. 2 LBO BW) zählen zu den Herstellungskosten, wenn die zur Änderung führende Baumaßnahme als Herstellung i.S. von § 255 Abs. 2 HGB anzusehen ist (Ergänzung zum BFH-Urteil vom 8.3.1984, IX R 45/80, BStBl II 1984, S. 702).
Sachverhalt
Der Steuerpflichtige vermietete das frühere Ladengeschäft im Untergeschoss seines Hauses und stellte einen Antrag auf Baugenehmigung und Nutzungsänderung, da aus dem Verkaufsraum ein Restaurant werden sollte. Der Antrag wurde genehmigt und der Steuerpflichtige leistete an die Gemeinde Ablösezahlungen für Parkplätze nach der LBO. In seiner Einkommensteuererklärung begehrte er den Abzug der an die Gemeinde entrichteten 52 000 DM als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung. Finanzamt und -gericht behandelten die Aufwendungen als nachträgliche Herstellungskosten. Allein das Erfordernis einer baulichen Änderung rechtfertige die Zuordnung der Ablösezahlungen zu den Herstellungskosten. Dem folgte der BFH nicht.
Entscheidung
Ablösezahlungen können öffentliche Abgaben i.S. von § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 EStG sein und wären dann als Werbungskosten abziehbar; sie können aber auch Herstellungskosten bilden. Dazu zählen auch die Kosten, die in einem engen sachlichen und zeitlichen Zusammenhang, d.h. zwangsläufig mit der Herstellung des Wirtschaftsgut anfallen. Diese Voraussetzungen erfüllen auch Aufwendungen für die Ablösung der Stellplatzverpflichtung, weil diese öffentlich-rechtliche Abgabe an die Errichtung von baulichen Anlagen und damit an die Bautätigkeit anknüpft. Auch wenn diese Abgabe wegen der Änderung oder Nutzungsänderung erhoben wird, können die Aufwendungen Herstellungskosten bilden – aber nicht in jedem Fall: Ein Zusammenhang mit der Herstellung besteht nur dann, wenn die zur Nutzungsänderung führende Baumaßnahme als Herstellung i.S. des § 255 Abs. 2 HGB anzusehen ist.
Ob diese Voraussetzungen vorliegen, konnte der BFH aber nicht prüfen; denn es war gar nicht festgestellt worden, ob überhaupt Baumaßnahmen durchgeführt worden waren und von wem, d.h. vom Steuerpflichtigen oder vom Mieter. Bei einer bloßen Nutzungsänderung, der keine Herstellungsmaßnahme zugrunde liegt, handelt es sich bei den Ablösezahlungen um Werbungskosten.
Praxishinweis
Die Entscheidung formuliert ganz klare Grundsätze, die in der Praxis leicht zu handhaben sind. Das Schicksal der Ablösezahlungen folgt dem Schicksal der Baumaßnahme, die eine Verpflichtung auslöst, Parkplätze zu schaffen. Dabei sind vier Fallgruppen zu unterscheiden:
- Liegt keine Baumaßnahme, sondern lediglich eine Nutzungsänderung ohne bauliche Änderung vor, etwa bei der Einrichtung eines Bistros in ehemaligen Verkaufsräumen ohne jede bauliche Änderung, die zusätzlichen Stellplatzbedarf auslöste, sind die Ablösezahlungen als Werbungskosten anzusehen.
- Dient die Baumaßnahme der Erhaltung des Gebäudes und führt deshalb nicht zu Herstellungskosten, so rechnet auch die Ablösezahlung nicht zu den Herstellungskosten, sondern zu den Werbungskosten.
- Führt nicht der ablösungsverpflichtete Eigentümer, sondern der Mieter die Baumaßnahme durch, so ist es unerheblich, ob diese zu Herstellungskosten führt oder nicht, denn die Ablösezahlungen stellen in der Person des Eigentümers Werbungskosten dar.
- Stellt die zur Nutzungsänderung führende Baumaßnahme sich als Herstellung i.S. des § 255 Abs. 2 HGB dar, zählt auch die Ablösezahlung zu den Herstellungskosten.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 06.05.2003, IX R 51/00