Leitsatz
Soll mit der Abrechnung eine (weitere) Anspruchsgrundlage für die im Wirtschaftsplan beschlossenen Hausgelder geschaffen werden, ist der entsprechende Beschluss mangels Beschlusskompetenz nichtig. Dies ist bei einer Abrechnung, die nur tatsächliche Zahlungen und Ausgaben enthält und ein Ergebnis als "Nachzahlung/Summe" vorsieht, der Fall.
Forderungen aus dem Wirtschaftsplan und der Abrechnung (Abrechnungsspitze) stellen unterschiedliche Streitgegenstände dar, sodass eine Anspruchsänderung nur im Wege der Klageänderung möglich ist.
Normenkette
WEG § 28 Abs. 3
Das Problem
- Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer K klagt gegen B ausstehendes Hausgeld ein und bezieht sich dabei auf verschiedene Abrechnungen, Beschlüsse über Sonderumlagen und einen Wirtschaftsplan, der am 17.3.2017 beschlossen wurde.
- Das Amtsgericht (AG) gibt der Klage statt. Dagegen richtet sich die Berufung.
Die Entscheidung
Die Berufung ist nach Ansicht des Landgerichts (LG) weitgehend begründet. Die Beschlüsse über die Abrechnungen seien nichtig. Soweit die Forderungen dagegen Hausgeldzahlungen und Forderung aus Sonderumlagen beträfen, sei die Berufung unbegründet.
Die Abrechnung
- Durch die Beschlussfassung über die Abrechnung werde nur hinsichtlich der Abrechnungsspitze eine neue Schuld begründet. Die Hausgeldvorschüsse fänden ihre Rechtsgrundlage hingegen in dem jeweiligen Wirtschaftsplan, wobei die spätere Beschlussfassung über eine denselben Abrechnungszeitraum betreffende Jahresabrechnung hierauf grundsätzlich keine unmittelbare Auswirkung habe. Durch die Beschlussfassung über die Abrechnung werde insbesondere keine neue Anspruchsgrundlage hinsichtlich etwaiger Hausgeldrückstände begründet (Hinweis auf BGH v. 4.4.2014, V ZR 168/13, ZWE 2014 S. 261). Etwaige Beschlüsse, die eine derartige Schuld erneut begründen wollten, seien mangels Beschlusskompetenz nichtig.
- Dies sei hier der Fall. Dabei könne offenbleiben, ob eine Beschlussfassung betreffend eine Einzelabrechnung, welche keine Abrechnungsspitze ausweise, generell nichtig sei. Diese Rechtsfrage sei nicht abschließend geklärt. Das Landgericht Dortmund vertrete insofern, dass ein Beschluss über eine Abrechnung, welche die Differenz zwischen den tatsächlichen Zahlungen und den Ausgaben ausweise, zumindest wenn die tatsächlichen Zahlungen nicht den Sollzahlungen entsprächen, mangels Beschlusskompetenz nichtig sei (Hinweis auf LG Dortmund v. 24.6.2014, 1 S 18/13, ZWE 2014 S. 365). Diese Ansicht werde mit unterschiedlichen Begründungsansätzen in der Literatur weitgehend nicht geteilt (Hinweis etwa auf Drasdo, ZMR 2010, S. 833, 831). Hierauf komme es allerdings nicht an. Denn die Wohnungseigentümer hätten ihre Beschlusskompetenz aus einem anderen Grund überschritten. Es bestehe nämlich die Besonderheit, dass die Abrechnungen ausdrücklich als Ergebnis eine "Nachzahlung/Summe" vorsehen würden. Diese errechne sich aus der Summe der im Abrechnungszeitraum angefallenen tatsächlichen Ausgaben und der geleisteten Zahlungen. Für B seien geleistete Vorschusszahlungen mangels Zahlung nicht angesetzt worden. Bei der gebotenen objektiv-normativen Auslegung könne bei dieser eindeutigen Bezeichnung des Ergebnisses kein Zweifel daran bestehen, dass die Wohnungseigentümer diesen Gesamtbetrag als geschuldeten Betrag beschließen wollten und nicht nur die tatsächlich geschuldete Abrechnungsspitze. Sowohl die Gestaltung der Abrechnung als auch die verwandte Terminologie "Nebenkostenabrechnung", "Endbetrag Nebenkosten", "Endbetrag Heizkosten" und der Begriff "Nachzahlung" ließen eine Auslegung dergestalt, dass Gegenstand der Beschlussfassung nicht die Neubegründung der als "Nachzahlung" aufgeführten Summe sein sollte, nicht zu.
- Einer teilweisen Aufrechterhaltung (§ 139 BGB) des Beschlusses als Beschlussfassung über Abrechnungsspitzen stehe bereits entgegen, dass dieses zu einer erheblichen Umgestaltung der Abrechnungen führen würde und nicht ersichtlich sei, dass die Wohnungseigentümer auch hinsichtlich der – auch nicht zweifelsfrei ersichtlichen – Abrechnungsspitzen eine entsprechende Abrechnung "als Minus" beschließen wollten. Eine derartige Abrechnung bedürfe völlig anderer Informationen zur Verständlichkeit (vor allem die geschuldeten Vorauszahlungen). Daher sei auch keine Umdeutung (§ 140 BGB), so man diese für denkbar halten sollte, möglich.
Klageänderung
K könne nicht erstmals in der Berufungsinstanz ihre Forderungen betreffend diese Abrechnungszeiträume auf die Beschlussfassung über die Wirtschaftspläne betreffend diese Abrechnungsjahre stützen.
Eine andere Rechtsgrundlage, also die Heranziehung der Wirtschaftspläne als Anspruchsgrundlage, könne nicht erfolgen. K habe selbst keine Berufung eingelegt und könne daher nicht den Streitgegenstand (neuer Lebenssachverhalt, da es sich um einen neuen Schuldgrund handele) ändern. Wolle der Berufungsgegner über den Streitgegenstand disponieren, müsse er (zumindest) Anschlussberufung einlegen. Bei dem Anspruch aus einem Wirtschaftsplan und aus der Abrechnung hand...