Prof. Dr. Bernd Heuermann
Leitsatz
Wird bei Gründung eines geschlossenen Immobilienfonds in der Rechtsform einer Kommanditgesellschaft vereinbart, die Einkünfte für die ersten beiden Geschäftsjahre bis zur Schließung des Fonds auf sämtliche in diesem Zeitraum eintretenden Kommanditisten in der gleichen Weise zu verteilen (gleiche Verlustquote für alle Gesellschafter), so können die erst im zweiten Geschäftsjahr der KG beigetretenen Kommanditisten für dieses Jahr einen gegenüber den bisherigen Gesellschaftern und im Verhältnis zu ihren Gesellschaftsanteilen höheren Anteil an den negativen Einkünften der KG beanspruchen; dies gilt auch, soweit diese auf der Inanspruchnahme von Sonderabschreibungen nach dem FördG beruhen (gegen BMF-Schreiben vom 24.12.1996, IV B 3 – S 1988 – 170/96, BStBl I 1996, S. 1516, Tz. 6).
Sachverhalt
Die A-KG ist ein geschlossener Immobilienfonds, der ein Regionalversorgungszentrum vermietet und daraus Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt. Bei Gründung des Fonds 1994 wurde für die nach 1994 anfallenden Gewinne vereinbart, dass auf jeden Gesellschafter je 1000 DM Einlage der gleiche Anteil am insgesamt entstandenen Ergebnis seit Gründung des Fonds entfallen sollte. Der Fonds wurde 1995 geschlossen und das Einkaufszentrum fertiggestellt. In der Feststellungserklärung für 1995 erklärte die KG einen Werbungskostenüberschuss, wesentlich beruhend auf Sonderabschreibungen nach dem FördG, den sie auf ihre Gesellschafter derart verteilte, dass den erst 1995 beigetretenen Gesellschaftern gegenüber den 1994 beigetretenen höhere Verluste in dem Umfang zugewiesen wurden, wie die Altgesellschafter Verluste bereits im Vorjahr erhalten hatten. Einem 1995 mit einem Kapital von 100000 DM beigetretenen Kommanditisten wurden so Verluste in Höhe von 104996,33 DM zugewiesen, während auf den schon 1994 mit der gleichen Kapitaleinlage beigetretenen Gesellschafter ein Anteil von 19996,32 DM entfiel. Dementsprechend kamen alle Gesellschafter auf eine einheitliche Verlustquote von 102,7 % des eingezahlten Kapitals. Das Finanzamt sah das anders und teilte die negativen Einkünfte nach den Gesellschafsanteilen auf. Das FG und auch der BFH folgen der A-KG.
Entscheidung
Die Frage, ob man Verluste, die auf Sonderabschreibungen beruhen, auf die Fondsteilnehmer abweichend von ihren Gesellschaftsanteilen verteilen kann, bejaht der BFH. Für gewerbliche Einkünfte ist schon entschieden, dass eine KG die ersten beiden Geschäftsjahre bei ihrer Verteilung zusammenfassen kann. Dies gilt auch für eine vermögensverwaltende KG mit Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, und zwar auch dann, wenn die negativen Einkünfte auf Sonderabschreibungen beruhen. Absetzungen für Abnutzung kann geltend machen, wer die Anschaffungs- oder Herstellungskosten getragen hat. Das ist bei einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft wegen § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO grundsätzlich der Gesellschafter. Bei Sonderabschreibungen nach dem FördG ist die Rechtslage anders: Denn nach § 1 Abs. 1 S. 2 FördG ist die Gesellschaft selbst zur Inanspruchnahme der Steuervergünstigung berechtigt, wenn sie die Investition durchführt. Sie muss die Verluste deshalb auch nicht anteilsmäßig zurechnen. Es ist nach dem Zweck des FördG nicht zu beanstanden, wenn der Gesellschaftsvertrag allen Gesellschaftern im Ergebnis den gleichen Anteil an den Sonderabschreibungen unabhängig davon zuweist, wann der einzelne Gesellschafter beitritt. Denn mit seinem Kapitaleinsatz finanziert der Anleger die Investition der KG und ist deshalb Adressat des Gestaltungsangebots, das das FördG als Lenkungsnorm macht.
Praxishinweis
Die Entscheidung beschäftigt sich mit den Besonderheiten von Sonderabschreibungen nach dem FördG. Ihre Grundsätze können nicht ohne weiteres auf Fälle übertragen werden, in denen es um normale Abschreibungen, erhöhte Absetzungen oder Sonderabschreibungen nach dem EStG geht. Denn in diesem Rahmen trägt der Steuerpflichtige als natürliche Person die Anschaffungs- oder Herstellungskosten. Eine Ausnahme besteht nur, wenn die Gesellschaft gewerbliche Einkünfte bezieht; denn § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO, der eine getrennte Zurechnung anordnet, wird durch § 15 EStG verdrängt.
Link zur Entscheidung
BFH-Urteil vom 27.7.2004, IX R 20/03