Leitsatz

  1. Im zeitlichen Geltungsbereich des Alterseinkünftegesetzes geleistete Beiträge zu den gesetzlichen Rentenversicherungen sind als Sonderausgaben nur beschränkt abziehbar (Bestätigung des Senatsbeschlusses v. 1.2.2006, X B 166/05, BFH/NV 2006 S. 876). Hiergegen bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken.
  2. Der im Jahr 2005 im Fall der Zusammenveranlagung zu berücksichtigende Grundfreibetrag ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
 

Sachverhalt

Die Eheleute F und M machten für das Jahr 2005 Vorsorgeaufwendungen von insgesamt 4.760 EUR geltend. Daneben entrichteten M und sein Arbeitgeber Rentenversicherungsbeiträge von je 3.733 EUR. Diese führten zu einem abziehbaren Betrag von 747 EUR. Nach der Günstigerprüfung berücksichtigte das Finanzamt die gesamten Vorsorgeaufwendungen mit 4.013 EUR. Die Eheleute forderten dagegen u.a. den vollen Abzug der Rentenversicherungsbeiträge als vorweggenommene Werbungskosten. Das FG wies die Klage ab.

 

Entscheidung

Der BFH hat sowohl die Verfassungsmäßigkeit des Abzugs der Altersvorsorgeaufwendungen als auch die der Höhe des Grundfreibetrags bejaht.

§ 10 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 EStG soll die steuerliche Behandlung der unterschiedlichen Altersvorsorge- und Alterseinkünftesysteme einheitlich in das Prinzip der nachgelagerten Besteuerung überführen. Bei der verfassungsrechtlichen Überprüfung waren die endgültigen Regelungen und die Übergangsvorschriften für Altersvorsorgeaufwendungen bis 2025 zu unterscheiden.

Die Kernaussagen des Urteils sind:

Altersvorsorgeaufwendungen sind ihrer Rechtsnatur nach – zum größten Teil – vorweggenommene Werbungskosten. Der Gesetzgeber konnte diese Aufwendungen – unabhängig von ihrer Rechtsnatur – mit konstitutiver Wirkung den Sonderausgaben zuordnen.

Im Rahmen der endgültigen Regelung (ab 2025) dient die Begrenzung der Abzugsfähigkeit der Altersvorsorgeaufwendungen trotz voller Besteuerung der Altersrenten der Vermeidung von Missbräuchen; sie verletzt nicht das objektive Nettoprinzip. Die Einbeziehung des Arbeitgeberanteils in die Höchstbetragsberechnung führt zur Gleichbehandlung der selbstständig und nichtselbstständig tätigen Steuerpflichtigen und ist nicht zu beanstanden.

Die Übergangsregelung, nach der im Jahr 2005 zunächst nur 20 % des Arbeitnehmerbeitrags geltend gemacht werden können, kann trotz der erheblichen Einschränkung des objektiven Nettoprinzips und der Ungleichbehandlung der Arbeitnehmer im Verhältnis zu Beamten noch gerechtfertigt werden.

Der dem Gesetzgeber eingeräumte sehr weite Gestaltungsspielraum findet seine Grenze im Verbot der Doppelbesteuerung. Dieses kann aber nur im Zusammenwirken mit der Besteuerung der Altersrenten geprüft werden, also bei Renteneintritt des Steuerpflichtigen.

Der Grundfreibetrag von 15.328 EUR für Ehepaare im Jahr 2005 ist verfassungsgemäß. Der Gesetzgeber konnte sich hierbei zu Recht an den Regelsätzen des SGB II orientieren.

 

Hinweis

Das Urteil ist eine von 5 Grundsatzentscheidungen, in denen die beschränkte Abzugsfähigkeit der Altersvorsorgeaufwendungen als noch verfassungsmäßig akzeptiert wurde. Daneben hat der BFH insbesondere entscheiden, dass die Regelung über die begrenzte Abziehbarkeit von sonstigen Vorsorgeaufwendungen verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist (BFH, Urteil v. 18.11.2009, X R 6/08);

es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist, dass Altersvorsorgeaufwendungen nicht als Freibetrag auf der Lohnsteuer-Karte eintragbar sind (BFH, Urteil v. 09.12.2009, X R 28/07).

Es ist zu erwarten, dass das BVerfG die Gelegenheit erhalten wird, beide Grundfragen einer verfassungsrechtlichen Prüfung zu unterziehen. Das letzte Wort ist damit noch nicht gesprochen.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 18.11.2009, X R 34/07BFH, 18.11.2209, X R 34/07.

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