Leitsatz
Auch nach Aufgabe der Einkünfteerzielungsabsicht können vorab entstandene vergebliche Werbungskosten abziehbar sein, wenn der Steuerpflichtige sie tätigt, um sich aus einer gescheiterten Investition zu lösen und so die Höhe der vergeblich aufgewendeten Kosten zu begrenzen.
Sachverhalt
Die Steuerpflichtigen schlossen im Jahre 1994 einen notariellen Vertrag über den Erwerb einer noch zu errichtenden Eigentumswohnung, die sie zum Erzielen von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nutzen wollten. In der Folgezeit kam es zwischen ihnen und dem Bauträger zu Differenzen. Dieser verlangte Abnahme und Zahlung des Kaufpreises. Die Steuerpflichtigen machten geltend, dass er seine vertraglichen Leistungen nicht vollständig und im Übrigen mangelhaft erbracht habe. Sie setzten ihm für die vertragsgemäße Erfüllung eine Frist und erhoben nach fruchtlosem Ablauf der Frist vor dem Landgericht Klage auf Feststellung, dass der Bauträger nicht berechtigt sei, aus der notariellen Urkunde Zahlungsansprüche geltend zu machen. Nachdem die Klage in der ersten Instanz ohne Erfolg geblieben war, schlossen die Steuerpflichtigen im Berufungsverfahren einen Vergleich, in dem der Vertrag wegen des Rücktritts der Steuerpflichtigen aufgehoben wurde und diese an den Bauträger 60000 DM zu zahlen hatten. Das Finanzamt ließ die von den Steuerpflichtigen im Jahr 1999 als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend gemachten 66692 DM, einschließlich der Rechtsverfolgungskosten, nicht zum Abzug zu. Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg.
Der BFH hält die Revision für begründet. Werbungskosten können schon anfallen, wenn damit zusammenhängende Einnahmen noch nicht erzielt werden. Voraussetzung für die Berücksichtigung vorab entstandener Werbungskosten ist, dass ein ausreichend bestimmter wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen den Aufwendungen und der Einkunftsart besteht. Auch nach Aufgabe der Einkünfteerzielungsabsicht können vorab entstandene vergebliche Werbungskosten weiter abziehbar sein, wenn der Steuerpflichtige sie, nachdem er das Scheitern seiner Investition erkannt hat, tätigt, um sich aus der vertraglichen Verbindung zu lösen und so die Höhe der vergeblich aufgewendeten Kosten zu begrenzen. Der durch die Absicht der Einkünfteerzielung begründete Veranlassungszusammenhang wirkt fort, solange er nicht durch eine der Vermögenssphäre zuzuweisende neue Veranlassung, z.B. dem Zusammenhang mit einem nicht steuerbaren Veräußerungsverlust, überlagert wird. Prozesskosten teilen als Folgekosten die einkommensteuerrechtliche Qualifikation derjenigen Aufwendungen, die Gegenstand des Prozesses waren. Der BFH hat die nicht spruchreife Sache an das FG zur Entscheidung zurückverwiesen. Das FG hat keine näheren Feststellungen zur Höhe der bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung anzusetzenden Werbungskosten getroffen.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil v. 15.11.2005, IX R 3/04.