Leitsatz

Wiederkehrende Leistungen (Renten und dauernde Lasten), die der Erbe aufgrund eines Vermächtnisses an einen Dritten zu zahlen hat, können nur dann – unter weiteren Voraussetzungen – als Sonderausgaben des Erben gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG abziehbar sein, wenn der Empfänger der Bezüge zum sog. Generationennachfolge-Verbund gehört. Dieser umfasst regelmäßig nur die gegenüber dem Erblasser pflichtteilsberechtigten Personen.

 

Sachverhalt

Die Steuerpflichtige ist Alleinerbin ihres Ehemanns, mit dem sie für die Streitjahre zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurde. Der verstorbene Ehemann beerbte zusammen mit seinem Bruder seine Tante (T). Der Nachlass bestand im Wesentlichen in einem Gewerbebetrieb und Kapitalvermögen. In ihrem Testament hatte T ihrer Schwester (S), der Mutter der beiden Erben nach T, ein Vermächtnis ausgesetzt, wonach S der lebenslängliche Nießbrauch in Höhe von 1/3 der Nettoerträge des Nachlasses zustand. Das Finanzamt versagte den von der Steuerpflichtigen und ihrem Ehemann begehrten Abzug der an S gezahlten Nießbrauchserträge als dauernde Last i.S. von § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG. Das FG gab der dagegen erhobenen Klage statt. Der BFH wies die Klage ab.

 

Entscheidung

Zwar kann sich T im vorliegenden Fall der Vermögensübergabe von Todes wegen Versorgungsleistungen i.S. von § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG auch für bestimmte dritte Personen vorbehalten. Dies setzt aber voraus, dass diese Personen zum sog. Generationennachfolge-Verbund gehören. Dazu rechnen grundsätzlich nur Personen, die gegen den Erben Pflichtteils- und/oder familienrechtliche Ansprüche, insbesondere Zugewinnausgleichsansprüche, hätten geltend machen können und hierauf – im Interesse der Vermögenserhaltung – gegen die ihnen zugedachten wiederkehrenden Bezüge verzichtet haben. Zu diesen Personen, zu denen insbesondere der überlebende Ehegatte und die Kinder des Erblassers zählen, rechnete S als Schwester der Erblasserin nicht, und zwar auch nicht deswegen, weil sie im Streitfall – mangels Vorhandenseins näherer Angehöriger – als gesetzliche Erbin ihrer Schwester in Betracht gekommen wäre.

 

Praxishinweis

Das Besprechungsurteil führt – präzisierend – die Linie der bisherigen Rechtsprechung des BFH[1] fort. Danach kann Empfänger von nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG abziehbaren Renten und dauernden Lasten nur jemand sein, der – gleichsam als "Gegenleistung" für die ihm zugewendeten Versorgungsleistungen – ein eigenes "Vermögensopfer" erbringt. Eine solche Disposition über eigenes Vermögen trifft vor allem derjenige, der gegenüber dem Erben (ihm durch den Erblasser grundsätzlich nicht entziehbare) Pflichtteils- oder familienrechtliche Ansprüche hätte geltend machen können und hierauf – im Interesse der Erhaltung des Familienvermögens – gegen die ihm zugedachten wiederkehrenden Bezüge verzichtet hat.

Der bloße Umstand, dass jemand als gesetzlicher Erbe des Vermögensübergebers in Betracht gekommen wäre, ohne dass er gleichzeitig Inhaber von Pflichtteils- oder familienrechtlichen Ansprüchen war, rechtfertigt es nicht, ihn in den begünstigten Generationennachfolge-Verbund einzubeziehen. Denn diese Stellung vermittelt ihm gegenüber dem Erblasser lediglich eine bloße (ungesicherte) Chance oder Hoffnung, mit Nachlassvermögen bedacht zu werden, nicht dagegen eine für die Erbringung eines eigenen Vermögensopfers erforderliche, grundsätzlich unentziehbare Rechtsposition, wie sie ein Pflichtteils- oder Zugewinnausgleichsanspruch eröffnet.

 

Link zur Entscheidung

BFH-Urteil vom 26.11.2003, X R 11/01

[1] Vgl. insbesondere BFH-Urteil vom 27.2.1992, X R 139/88, BStBl II 1992, S. 612 = INF 1992, S. 423

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