Leitsatz
- Aufwendungen für einen zugleich als Büroarbeitsplatz und als Warenlager betrieblich genutzten Raum unterliegen der Abzugsbeschränkung für häusliche Arbeitszimmer, wenn der Raum nach dem Gesamtbild der Verhältnisse, vor allem aufgrund seiner Ausstattung und Funktion, ein typisches häusliches Büro ist und die Ausstattung und Funktion des Raums als Lager dahinter zurücktritt.
- Wird der betrieblich genutzte Raum nicht überwiegend durch seine Funktion und Ausstattung als häusliches Büro geprägt, so ist bei der Berechnung der Raumkosten der betriebliche Nutzungsanteil im Verhältnis der Fläche des Raums zur Gesamtfläche aller Räume des Gebäudes einschließlich der Nebenräume zu ermitteln.
Sachverhalt
S erzielte im Streitjahr 1998 Einkünfte aus Gewerbebetrieb als Handelsvertreter für Werbe-, Dekorations- und Verpackungsmittel sowie Preisauszeichnungssysteme. Als Lager für das Warensortiment und für administrative Tätigkeiten nutzte S einen 35 qm großen Raum im Keller seines Einfamilienhauses. Er bezifferte die Gesamtkosten für den Raum auf 12694 DM. Hiervon machte er den auf die Lagerfläche (25 qm) entfallenden Anteil (9067 DM) in vollem Umfang und den auf die Fläche des Arbeitsbereichs (10 qm) entfallenden Anteil (3627 DM) in Höhe von 2400 DM als Betriebsausgaben geltend. Dagegen erkannte das Finanzamt unter Hinweis auf die Abzugsbeschränkung für häusliche Arbeitszimmer1 insgesamt nur 2400 DM als abziehbar an. Das FG wies die Klage ab. Auf die Revision hob der BFH die Vorentscheidung auf und verwies die Sache an das FG zurück.
Entscheidung
Die streitigen Aufwendungen unterliegen nur dann der Abzugsbeschränkung für häusliche Arbeitszimmer, wenn der Raum nach dem Gesamtbild der Verhältnisse, vor allem aufgrund seiner Ausstattung und Funktion, ein typisches häusliches Arbeitszimmer ist und die Ausstattung und Funktion des Raums als Lager dahinter zurücktritt. Welche der beiden Nutzungsarten dem Raum nach Funktion und Ausstattung das Gepräge gibt, ist im Wege einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls zu entscheiden. In die Abwägung können insbesondere einzubeziehen sein
- die funktionelle Bedeutung der jeweiligen Raumnutzung für den Betrieb des Steuerpflichtigen,
- der räumliche und zeitliche Umfang der jeweiligen Nutzung sowie
- der bei Inaugenscheinnahme der Ausstattung objektiv vorherrschende Gesamteindruck, der sich danach bestimmt, ob der Schreibtisch bzw. die Büroeinrichtung oder Regale, Stau- und Ablagevorrichtungen die den Raum prägenden Möbelstücke bilden.
Nach diesen Maßstäben hat das FG den Streitfall erneut zu beurteilen und die dazu erforderlichen tatsächlichen Feststellungen nachzuholen.
Praxishinweis
Im Streitfall handelte es sich um einen (einzigen) Raum, der nicht in die beiden Sektoren "Lager" und "Büro" aufgeteilt werden konnte, sondern einheitlich als Lagerraum oder als Büro zu beurteilen war. Der BFH hat dazu im Anschluss an die bereits vorhandene umfängliche Rechtsprechungskasuistik2 ausführliche Kriterien herausgearbeitet, nach denen diese einheitliche Zuordnung aufgrund einer Gesamtwürdigung aller relevanten Umstände vorgenommen werden muss.
Link zur Entscheidung
BFH-Urteil vom 22.11.2006, X R 1/05