Leitsatz

  1. Erstattet der erste Unternehmer in einer Leistungskette dem Endverbraucher einen Teil des von diesem gezahlten Leistungsentgelts oder gewährt er ihm einen Preisnachlass, mindert sich dadurch die Bemessungsgrundlage für den Umsatz des ersten Unternehmers (an seinen Abnehmer der nächsten Stufe). Der erste Unternehmer hat deshalb den für seinen Umsatz geschuldeten Steuerbetrag zu berichtigen.
  2. Preisnachlässe, die dem Abnehmer von Reiseleistungen vom Reisebüro für eine von ihm lediglich vermittelte Reise gewährt werden, mindern die Bemessungsgrundlage des Umsatzes der vom Reisebüro dem Reiseveranstalter gegenüber erbrachten Vermittlungsleistung.
 

Sachverhalt

Ein Reisebüro vermittelte seinen Kunden Reisen verschiedener Veranstalter und erhielt hierfür von diesen eine Provision von 10 % des Reisepreises. Bei der Buchung von Reisen gewährte das Reisebüro seinen Kunden Nachlässe von bis zu 3 % auf den Reisepreis. Sofern der Kunde den Reisepreis unmittelbar im Reisebüro bezahlte, wurde der Preisnachlass von dem zu zahlenden Betrag abgezogen. Bei Direktinkasso durch den Reiseveranstalter zahlte das Reisebüro den Kunden den Preisnachlass aus, ohne ihn dem Reiseveranstalter weiterzuberechnen. Auch bestand keine Absprache über zu gewährende Preisnachlässe mit dem Reiseveranstalter.

In den Umsatzsteuererklärungen kürzte das Reisebüro seine Provisionsumsätze um die gewährten Preisnachlässe. Das Finanzamt verneinte dies, weil die Preisnachlässe weder das Entgelt der Reiseunternehmen noch die Provision des Reisebüros herabsetzten. Das FG gab der Klage statt.

 

Entscheidung

Die Revision des Finanzamts hatte keinen Erfolg. Die vom Reisebüro an die Kunden als Endverbraucher gewährten Preisnachlässe mindern die Bemessungsgrundlage seiner Vermittlungsleistungen an die Reiseveranstalter[1]. Nach der EuGH-Rechtsprechung[2] ist das Umsatzsteuersystem darauf ausgelegt, dass nur der Endverbraucher wirtschaftlich mit der Umsatzsteuer belastet wird. Für Unternehmer, die auf den Produktions- und Vertriebsstufen vor der Endverbrauchsstufe tätig sind, muss die Umsatzbesteuerung neutral sein. Dem Fiskus darf aus allen Umsatzgeschäften von der Herstellung bis zum Endverbrauch nur der Umsatzsteuerbetrag zufließen, den der Endverbraucher letztlich wirtschaftlich aufwendet. Ein Preisnachlass oder eine Preiserstattung – gegebenenfalls über einen "Gutschein" – muss also nicht in der unmittelbaren Leistungsbeziehung gewährt werden, um sich entgeltmindernd auszuwirken. Auch der vom Hersteller nicht über seinen unmittelbaren Abnehmer, sondern direkt dem Endverbraucher gewährte Preisnachlass führt beim Hersteller zur Minderung seines Entgelts. Er kann die Umsatzsteuer, die er für die Leistung an seinen Abnehmer schuldet, gegenüber dem Finanzamt berichtigen. Eine Berichtigung seiner Rechnung an seinen Abnehmer ist nicht erforderlich.

 

Praxishinweis

Die Entscheidung zeigt die weitgreifende Wirkung der Preisnachlassgrundsätze. Sie gelten letztlich für alle Fälle, in denen Hersteller oder Anbieter von Produkten aller Art, also auch von Reisen, Vermittler in den Vertrieb einschalten. Entscheidend ist, dass der Vermittler seine Vermittlungsleistung gegenüber dem Anbieter, nicht gegenüber dem Endkunden, erbringt und im Namen des Anbieters gegenüber dem Endkunden handelt.

 

Link zur Entscheidung

BFH-Urteil vom 12.1.2006, V R 3/04

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