Leitsätze (amtlich)
- Eine Änderung des Rubrums einer Klageschrift ist auch dann möglich, wenn eine Klage gegen einen an den Ehemann gerichteten Steuerbescheid nach dem Wortlaut der Klageschrift im Namen der Eheleute erhoben wurde, es aber von Anfang an klar erkennbar war, dass die Ehefrau nur versehentlich im Rubrum der Klageschrift mit aufgeführt war.
- Eine Zurückverweisung der Sache an das FG gemäß § 116 Abs. 6 FGO erübrigt sich, wenn der Verfahrensmangel durch Aufhebung des angegriffenen Urteils beseitigt werden kann. Das Revisionsgericht kann in solchen Fällen abschließend entscheiden.
Sachverhalt
Die Beschwerdeführerin ist mit einem Dachdecker verheiratet, der für das Streitjahr 1994 zur USt veranlagt worden war. Nach erfolglosem Einspruch erhob die Prozessbevollmächtigte im Namen "der Eheleute" Klage. Mit Schreiben vom 4.2.1999 machte der Berichterstatter des FG die Prozessbevollmächtigte darauf aufmerksam, dass die Klage der Ehefrau (Beschwerdeführerin) unzulässig sein dürfte. Die Prozessbevollmächtigte führte daraufhin im Schriftsatz vom 26.7.1999 nur noch den Ehemann der Beschwerdeführerin als Kläger auf. In der mündlichen Verhandlung am 11.8.1999 erklärte sie, dass die Beschwerdeführerin aufgrund eines Büroversehens in der Klageschrift aufgeführt worden sei. Der Anregung des Vorsitzenden, die Klage zurückzunehmen, kam sie nicht nach. Das FG wies die Klage als unzulässig ab. Es meinte, dass eine Richtigstellung nur aufgrund einer Klagerücknahme möglich gewesen sei. Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde führt zur ersatzlosen Aufhebung der Vorentscheidung. Nach § 115 Abs. 2 Nr. 3 der hier noch anwendbaren FGO a.F. ist die Revision zuzulassen, wenn das Urteil des FG bei einem geltend gemachten Verfahrensmangel auf dem Verfahrensmangel beruhen kann. Das Urteil beruht auf einem von der Beschwerdeführerin gerügten Verfahrensmangel. Nach § 65 Abs. 1 FGO muss die Klageschrift zwar den "richtigen" Kläger bezeichnen. Die Klageschrift ist jedoch eine Prozesshandlung, für die grundsätzlich die Auslegungsregel der §§ 133, 157 BGB gilt. Deshalb ist eine Änderung des Rubrums einer Klageschrift möglich, sofern für Gericht und Gegner von Anfang an klar erkennbar ist, wer durch die (unrichtige) Parteibezeichnung als Partei angesprochen werden sollte.
Aufgrund der Adressierung des angefochtenen USt-Bescheids und der Einspruchsentscheidung war für das FG und das Finanzamt von Anfang an klar, dass nur der Ehemann der Beschwerdeführerin als Kläger in Betracht kam. Für das FG galt dies jedenfalls seit dem Erhalt der Steuerakten. Bei verständiger Würdigung lag auf der Hand, dass die Ehefrau nur versehentlich im Rubrum der Klageschrift mit aufgeführt war. Das FG hätte deshalb die Berichtigung des Rubrums durch die Prozessbevollmächtigte akzeptieren müssen.
Die Aufhebung der Vorentscheidung beruht auf § 116 Abs. 6 FGO i.d.F. des 2. FGOÄndG. Art. 4 2. FGOÄndG steht dem nicht entgegen, da diese Vorschrift nur die Zulässigkeit eines Rechtsbehelfs gegen eine vor dem 1.1.2001 verkündete Entscheidung betrifft, die weitere Behandlung dieses Rechtsbehelfs aber grundsätzlich nach neuem Recht erfolgt. § 116 Abs. 6 FGO ermächtigt den BFH zwar nur dazu, den Rechtsstreit nach Aufhebung des angefochtenen Urteils zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen. Eine solche Zurückverweisung erübrigt sich jedoch, wenn der Verfahrensmangel durch Aufhebung des angegriffenen Urteils beseitigt werden kann und es daher einer Zurückverweisung des Rechtsstreits an das FG nicht bedarf. Unter derartigen Umständen steht einer abschließenden Entscheidung durch das Revisionsgericht nichts entgegen.
Link zur Entscheidung
BFH-Beschluss vom 16.8.2001 – V B 51/01