Leitsatz (amtlich)

Zulagenrechtlich entsteht nicht dadurch ein von der Zulagengewährung ausgeschlossenes geringwertiges Wirtschaftsgut, dass infolge der nach Ertragsteuerrecht zwingend vorgeschriebenen Übertragung der sog. Akkumulationsrücklage die Anschaffungs-/Herstellungskosten des betreffenden Wirtschaftsguts auf 800 DM oder weniger herabsinken (Bestätigung des BFH-Urteils vom 17.6.1999, III R 53/97, BStBl II 2000, S. 9).

 

Sachverhalt

Das Finanzamt gewährte dem Kläger, einem Gewerbetreibenden, zunächst unter dem Vorbehalt der Nachprüfung auch auf die Anschaffungskosten einer Computeranlage, eines Blitzgerüstes, eines Leiterliftes und eines Bühnenkompressors eine Investitionszulage für 1991 von 12%. Im Rahmen der Veranlagung stellte das Finanzamt am 20.11.1996 fest, dass der Kläger die zum 31.12.1990 gebildete Akkumulationsrücklage gegen die Anschaffungskosten dieser vier Wirtschaftsgüter aufgelöst hatte und sich die Anschaffungskosten danach bilanzmäßig jeweils nur noch auf 0 DM beliefen. Das Finanzamt bewertete diese Wirtschaftsgüter darauf als von der Investitionszulage nach § 2 Satz 2 Nr. 1 InvZulG 1991 ausgeschlossene geringwertige Wirtschaftsgüter und setzte dementsprechend mit gemäß § 164 Abs. 2 AO geändertem Investitionszulagenbescheid die Investitionszulage für 1991 herab. Das FG gab der dagegen gerichteten Klage statt[1]. Die Revision blieb erfolglos.

 

Entscheidungsgründe

Nach § 2 Satz 2 Nr. 1 InvZulG 1991 sind Investitionen nicht begünstigt, wenn essich bei den angeschafften Wirtschaftsgütern um geringwertige Wirtschaftsgüter i.S. des § 6 Abs. 2 EStG handelt. In der Rechtsprechung des BFH ist der Begriff des geringwertigen Wirtschaftsgutes im Investitionszulagenrecht bisher als "gleichbedeutend" mit dem einkommensteuerrechtlichen Begriff angesehen worden[2]. Geringwertige Wirtschaftsgüter sind danach Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die einer selbständigen Nutzung fähig sind, sofern die Anschaffungs- oder Herstellungskosten, vermindert um einen darin enthaltenen Vorsteuerbetrag, 800 DM nicht übersteigen[3]. Der Senat[4] hat erkannt, dass § 6 Abs. 2 EStG keine ausdrückliche Regelung darüber enthält, wie die Wirtschaftsgüter in den Fällen der Rücklagenübertragung ertragsteuerlich und erst recht zulagenrechtlich zu behandeln sind, deren tatsächliche Anschaffungs- oder Herstellungskosten die Mindestgrenze von mehr als 800 DM an sich übersteigen, jedoch infolge der Übertragung der Rücklage auf einen rechnerisch darunter liegenden Betrag gemindert werden. Der Senat hat es für sachgerecht angesehen, in diesen Fällen im Zweifel der Auslegung den Vorzug zu geben, die zu einer Gewährung der Investitionszulage führt und § 2 Satz 2 Nr. 1 InvZulG 1991 entsprechend Sinn und Zweck des Fördergesetzes eigenständig und gegenüber dem ESt-Recht einschränkend auslegen. Er hat deshalb erkannt, dass jedenfalls investitionszulagenrechtlich dann kein von der Zulagengewährung ausgeschlossenes geringwertiges Wirtschaftsgut entsteht, wenn die Anschaffungs- oder Herstellungskosten durch die ertragsteuerrechtlich zwingend vorgeschriebene Übertragung der sog. Akkumulationsrücklage auf 800 DM oder weniger sinken. Insbesondere hat der Senat § 6b Abs. 6 EStG keine verallgemeinerungsfähige, auch im Zulagenrecht anwendbare Regel entnommen. § 6b Abs. 6 EStG wird weder in § 6 Abs. 2 EStG noch in § 2 Satz 2 Nr. 1 InvZulG 1991 in Bezug genommen. Der Senat hat schließlich im Hinblick auf die zulagenrechtlich einschneidenden Wirkungen[5] bei einer abweichenden Betrachtungsweise die Auffassung vertreten, dass jedenfalls die durch Übertragung der Akkumulationsrücklage eintretende Kürzung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern nicht auch zur Entstehung von geringwertigen Wirtschaftsgütern im investitionszulagenrechtlichen Sinne führt.

 

Link zur Entscheidung

BFH vom 17.10.2001 – III R 29/99

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