Leitsatz

Die gemäß R 33 Abs. 7 EStR 1993 in die Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern als Anlagevermögen einbezogenen und aktivierten Bauzeitzinsen sind dem Gewinn weder in dem Erhebungszeitraum der Aktivierung noch in jenen Erhebungszeiträumen als Dauerschuldentgelte hinzuzurechnen, in denen gewinnmindernde Absetzungen oder Teilwertabschreibungen von den Herstellungskosten vorgenommen werden (Fortführung des Senatsurteils vom 10.3.1993, I R 59/92, BFH/NV 1993, S. 561).

 

Sachverhalt

Eine GmbH nahm anlässlich der Errichtung von Gebäuden Darlehen auf, für die sie während der Bauzeit Zinsen zahlte. Unter Inanspruchnahme des Wahlrechts nach R 33 Abs. 7 Sätze 3 und 4 EStR 1993 aktivierte sie die Bauzeitzinsen bei den Herstellungskosten der errichteten Wirtschaftsgüter und nahm hierauf Abschreibungen vor. Das Finanzamt behandelte die Beträge, welche anteilig auf die Bauzeitzinsen infolge der Abschreibung entfielen, als Dauerschuldentgelte gemäß § 8 Nr. 1 GewStG und rechnete sie bei der Ermittlung der Gewerbeerträge den Gewinnen der Klägerin hälftig hinzu. Nach Abweisung der dagegen erhobenen Klage hat die GmbH Revision eingelegt.

 

Entscheidung

Nach Auffassung des BFH sind die Bauzeitzinsen keine Entgelte i. S.v. § 8 Nr. 1 GewStG, nachdem sie als Teile der Herstellungskosten nach R 33 Abs. 7 Sätze 3 und 4 EStR 1993 aktiviert wurden und in der Folgezeit – und so auch in den Streitjahren – nur noch über die Abschreibung gewinnmindernd in Erscheinung traten. Denn dadurch, dass der Steuerpflichtige in Einklang mit § 255 Abs. 3 Satz 2 HGB von dem ihm in R 33 Abs. 7 Sätze 3 und 4 EStR 1993 eingeräumten Wahlrecht Gebrauch macht und die Bauzeitzinsen aktiviert, verlieren sie ihren ursprünglichen Charakter. Sie gelten in diesem Fall als Herstellungskosten des Vermögensgegenstands[1] und somit des aktivierungspflichtigen Wirtschaftsguts des Anlagevermögens, das nach Maßgabe der einschlägigen handels-und steuerrechtlichen Vorschriften abzuschreiben ist. Diese handelsrechtliche Umqualifizierung wirkt sich über § 7 GewStG auf die Ermittlung des Gewerbeertrags aus und schlägt auch auf die gewerbesteuerrechtliche Behandlung als Dauerschuldzinsen durch. Sind die vormaligen Bauzeitzinsen infolge Ausübung des Aktivierungswahlrechts als Herstellungskosten zu behandeln, kann für Zwecke der Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 GewStG nicht mehr auf die – über die Abschreibung ergebniswirksam werdenden – Bauzeitzinsen zurückgegriffen werden. Denn Abschreibungen können ungeachtet ihres Aufwandscharakters weder begrifflich noch wirtschaftlich Entgelte für Dauerschulden i. S. des § 8 Nr. 1 GewStG sein.

 

Praxishinweis

Die Finanzverwaltung nimmt bislang noch an, die Zinsen seien hinzuzurechnen[2]. Ein Nichtanwendungserlass erscheint angesichts der überzeugenden Urteilsbegründung nicht wahrscheinlich; gegebenenfalls ist bei Nichtberücksichtigung der BFH-Entscheidung Antrag auf Aussetzung der Vollziehung zu stellen.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 30.04.2003, I R 19/02

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