Leitsatz (amtlich)

Ein Landwirt kann jederzeit zu einer Aktivierung seiner Feldbestände übergehen. Das ihm von der Finanzverwaltung eingeräumte Wahlrecht, auf die Aktivierung seiner Feldbestände zu verzichten, bindet ihn nicht.

 

Sachverhalt

Die Kläger, im Streitjahr 1992 zusammen veranlagte Eheleute, waren Inhaber eines landwirtschaftlichen Betriebs, für den sie den Gewinn bis zum 30.6.1985 gemäß § 13a EStG ermittelten. Beim Übergang zum Bestandsvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG verzichteten sie in der Anfangsbilanz (Übergangsbilanz) zum 1.7.1985 und den Bilanzen der folgenden Stichtage auf eine Aktivierung des Feldinventars[1]. Das Feldinventar wurde erstmals in der Bilanz zum 30.6.1993 unter Ansatz amtlich bekanntgegebener Inventurwerte mit 45 382 DM angesetzt und diese Aktivierung seitdem beibehalten. Für das Wirtschaftsjahr 1992/93 ermittelten die Kläger danach einen Gewinn von 52 000 DM. Das Finanzamt erkannte die Aktivierung nicht an, verminderte den Gewinn entsprechend und setzte die ESt auf 0 DM fest. Das FG gab der dagegen erhobenen Klage statt[2]. Die Revision blieb erfolglos.

 

Entscheidungsgründe

Das FG hat zu Recht entschieden, dass die Kläger ihre Feldbestände erstmals in der Bilanz zum 30.6.1993 aktivieren konnten. Mit der der Höhe nach unstreitigen Aktivierung des Feldinventars haben die Kläger erstmals in der Schlussbilanz des Wirtschaftsjahres 1992/93 zutreffend das Betriebsvermögen ausgewiesen, das als Ausgangsgröße für die Ermittlung des Gewinns durch Bestandsvergleich maßgebend ist. Bei einem landwirtschaftlichen Betrieb gehört auch das als Umlaufvermögen auszuweisende Feldinventar zum Betriebsvermögen i.S. des § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG, das grundsätzlich mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten anzusetzen ist. Allerdings hat die Finanzverwaltung den Land- und Forstwirten das "Wahlrecht" eingeräumt, auf die Aktivierung ihrer Feldbestände zu verzichten[3]. Der Senat hat in seiner bisherigen Rechtsprechung eine Rechtsgrundlage für das "Wahlrecht" in § 148 AO gesehen[4]. Er ist davon ausgegangen, dass das einmal in Anspruch genommene Wahlrecht auf Nichtaktivierung den Landwirt bei gleichbleibenden betrieblichen Verhältnissen auch für die Zukunft bindet[5].

An dieser Rechtsprechung hält der Senat nicht mehr fest. § 148 AO regelt nur die Einhaltung der durch die Steuergesetze begründeten Buchführungs-, Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten, nicht aber das materielle Bilanzrecht. Außerdem ermächtigt die Vorschrift nur zur Bewilligung von "Erleichterungen", jedoch nicht zum Verzicht auf materiell zwingend vorgeschriebene Aktivierungen. Stellt sich deshalb das "Wahlrecht" nur als eine Billigkeitsmaßnahme i.S. des § 163 AO dar, so kann dem Steuerpflichtigen die Rückkehr zu einer bilanzrechtlich zwingend vorgeschriebenen Aktivierung zum nächsten noch offenen Bilanzstichtag mit der Folge nicht verwehrt werden, dass er wegen des Grundsatzes der materiellen Bilanzkontinuität daran auch für die Zukunft gebunden ist. So sind die Kläger verfahren.

 

Link zur Entscheidung

BFH vom 6.4.2000 - IV R 38/99

[1] Vgl. BMF-Schreiben vom 22.1.1970, BStBl I1970, S. 184, Tz. 4; vom 15.12.1981, BStBl I1981, S. 878, 880, Tz. 3.1.3
[3] Vgl. BMF-Schreiben vom 22.1.1970, a.a.O. (Fn. 1); vom 15.12.1981, a.a.O. (Fn. 1); R 131 Abs. 2 EStR 1993ff.

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