1 Einkommensermittlung und Verlustverrechnung
Wohnungs- und Immobilienunternehmen in der Rechtsform der Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft sind zur Führung von Büchern nach den Vorschriften des Handelsgesetzbuches verpflichtet (§ 6 HGB, §§ 238 ff. HGB). Daher sind für die Zwecke der Besteuerung alle ihre Einkünfte als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu behandeln (§ 8 Abs. 2 KStG) und unterliegen der Körperschaftsteuer (§ 1 Abs. 1 KStG) und der Gewerbesteuer. Für die Ermittlung des Einkommens der Körperschaften gelten sowohl die Vorschriften des Körperschaftsteuergesetzes als auch Teile des Einkommensteuergesetzes (§ 8 Abs. 1 KStG i. V. m. Abschnitt 32 KStR 2004).
So gilt zunächst für die Einkommensermittlung § 2 EStG, der bestimmt, dass für Einkünfte aus Gewerbebetrieb der Gewinn zugrunde gelegt wird.
Grundsätzlich gilt die Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die steuerliche Gewinnermittlung (§ 5 Abs. 1 EStG). Deshalb sind Wirtschaftsgüter in der Steuerbilanz zunächst nach Maßgabe der Handelsbilanz anzusetzen und zu bewerten. Bestehen aber steuerrechtliche Sonderregelungen, haben diese Vorrang (§ 5 Abs. 6 EStG). Ausschließlich steuerliche Wahlrechte (z. B. Bildung einer Rücklage nach § 6b EStG) brauchen bzw. dürfen in der Handelsbilanz nicht nachvollzogen werden.
Nach § 5 Abs. 1 Satz 2 EStG ist Voraussetzung für die Ausübung eines Wahlrechts die Aufnahme der in der steuerlichen Gewinnermittlung nicht mit dem handelsrechtlichen Wert angesetzten Wirtschaftsgüter in besondere, laufend zu führende Verzeichnisse.
Diese Verzeichnisse haben gemäß § 5 Abs. 1 Satz 3 EStG zu enthalten:
- den Tag der Anschaffung oder Herstellung,
- die Anschaffungs- oder Herstellungskosten,
- die Angabe der steuerlichen Vorschrift, nach der das Wahlrecht ausgeübt wurde,
- die vorgenommenen Abschreibungen.
Neben den Abweichungen aufgrund unterschiedlicher Ansätze und Bewertungen in Handels- und Steuerbilanz, ist bei der steuerlichen Einkommensermittlung noch zu berücksichtigen, dass bestimmte Aufwendungen (z. B. Bewirtungsaufwendungen, Geschenke).ganz oder teilweise vom Betriebsausgabenabzug ausgeschlossen sind (vgl. Kapitel 2.2.2, Körperschaftsteuer, Nicht abziehbare Aufwendungen bzw. Betriebsausgaben).
1.1 Abweichungen zwischen handels- und steuerrechtlicher Gewinnermittlung
Für Wohnungs- und Immobilienunternehmen sind folgende Abweichungen zwischen Handels- und Steuerbilanz von besonderer Bedeutung:
1.1.1 Ansatz der Immobilienbestände mit dem Teilwert beim Übergang von der Wohnungsgemeinnützigkeit in die unbeschränkte bzw. partielle Steuerpflicht
Beim Übergang von der Steuerfreiheit des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes in die unbeschränkte Steuerpflicht hatten die ehemals gemeinnützigen Wohnungsunternehmen in der steuerlichen Anfangsbilanz ihre Immobilienbestände mit dem Teilwert (§ 13 Abs. 3 KStG) anzusetzen. Die in der steuerlichen Anfangsbilanz angesetzten Gebäudewerte waren deutlich höher als die handelsrechtlichen Buchwerte. Bemessungsgrundlage für die steuerlichen Abschreibungen sind die Teilwerte. Auf diese steuerliche Abschreibungsbemessungsgrundlage wurde dann die typisierende Abschreibung nach § 7 Abs. 4 EStG (vgl. Kapitel 2.1.3) angewandt, während in der Handelsbilanz ggf. die kürzere Restnutzungsdauer weiterhin maßgeblich blieb. Die höhere Bewertung der Immobilienbestände in der Steuerbilanz führt zu aktiven Steuerlatenzen (vgl. unten, Kapitel 4, Exkurs Latente Steuern (§ 274 HGB)).
1.1.2 Übertragung stiller Reserven
Nach § 6b EStG kann der Gewinn aus der Veräußerung bestimmter Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens teilweise oder vollständig auf bestimmte Reinvestitionsgüter übertragen und damit zunächst eine Versteuerung des Veräußerungsgewinns vermieden werden. Die Bildung einer Rücklage nach § 6b Abs. 3 EStG ist möglich, wenn bis zum Ende des Wirtschaftsjahres der Veräußerung keine Reinvestition erfolgt ist. Geht ein Wirtschaftsgut aufgrund höherer Gewalt, z. B. aufgrund eines Brandschadens oder infolge bzw. zur Vermeidung eines behördlichen Eingriffs (Enteignung) gegen Entschädigung aus dem Betriebsvermögen ab, dürfen die zwangsweise aufgedeckten stillen Reserven nach Richtlinie 6.6 EStR 2012 ebenfalls ergebnisneutral auf ein Ersatzwirtschaftsgut übertragen werden.
In der Handelsbilanz ist eine Neutralisierung der Gewinnrealisierung aufgrund von § 6b EStG oder Richtlinie 6.6 EStR 2012 nicht möglich. Bei einer Übertragung des Gewinns aus der Veräußerung kommt es in der Handelsbilanz deshalb nicht zu einer Minderung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten. Bei Bildung einer Rücklage nach § 6b EStG bzw. Richtlinie 6.6 EStR 2012 darf in der Handelsbilanz kein Sonderposten mit Rücklageanteil ausgewiesen werden.
Insofern kann es bei der Übertragung stiller Reserven nach den genannten Vorschriften zu einer passiven Steuerlatenz in der Handelsbilanz kommen (vgl. Kapitel 4).
1.1.3 Zuschüsse für Anlagegüter
In der Steuerbilanz besteht das Wahlrecht, von den Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Anlagegütern Zuschüsse für die Anschaffung oder Herstellung abzusetzen (Richtlinie 6.5 Abs. 2 EStR 2012). Auch wenn dieses Wahlrecht in der Steuerbilanz ausgeübt wird, ist der Zuschuss in der Handelsbilanz dennoch ertragswirksam auszuweisen, weil hier ein solches Wahlrecht nicht besteht. Eine Ausnahme besteht nur für Zuwendungen der öffentlichen Hand, die als finanzielle Zuwen...