Leitsätze (amtlich)
- Einem Arbeitnehmer von Dritten gezahlte Bestechungsgelder sind sonstige Einkünfte i.S. von § 22 Nr. 3 EStG.
- Das Zurückzahlen von - gemäß § 22 Nr. 3 EStG als sonstige wiederkehrende Einkünfte steuerpflichtigen - Bestechungsgeldern in einem späteren Veranlagungszeitraum ist im Abflusszeitpunkt in voller Höhe steuermindernd zu berücksichtigen. Das Verlustausgleichs- und Verlustabzugsverbot des § 22 Nr. 3 Satz 3 EStG steht nicht entgegen.
Sachverhalt
Der Kläger war in den Streitjahren (1980 bis 1986) Arbeitnehmer einer Spedition und hatte Einfluss darauf, welche selbständigen Fuhrunternehmer als Subunternehmer eingesetzt wurden. Von einem Subunternehmer erhielt der Kläger in den Streitjahren Bestechungsgelder für das (bevorzugte) Zuteilen von Aufträgen. Nach dem Aufdecken der Unregelmäßigkeiten und dem Ausscheiden des Klägers bei der Spedition schloss er 1986 mit dem Subunternehmer und dessen Familie einen Vergleich und vereinbarte, ihnen zur Abgeltung aller Ansprüche 200 000 DM zu zahlen. 1988 erklärte der Kläger erstmals gewerbliche Einkünfte aus einem auf Speditionsvermittlung gerichteten Unternehmen und machte dabei in den Streitjahren 1980 bis 1985 jeweils "Einzelwertberichtigungen auf Forderungen" sowie im Streitjahr 1986 u.a. "Erträge aus der Herabsetzung von Wertberichtigungen auf Forderungen" und "Verluste aus Wertminderungen von Gegenständen des Umlaufvermögens" geltend. Das Finanzamt ließ die Wertberichtigungen auf Forderungen unberücksichtigt. Das FG gab der dagegen gerichteten Klage statt. Die Revision des Finanzamts führte zur Aufhebung der Vorentscheidung und Zurückverweisung der Sache an das FG.
Entscheidungsgründe
Die Vorentscheidung verletzt § 11 Abs. 2 EStG. Das FG hat zwar zutreffend die dem Kläger zugeflossenen Bestechungsgelder als Einnahmen aus sonstigen Leistungen i.S. von § 22 Nr. 3 EStG beurteilt. Es hat jedoch zu Unrecht die damit im Zusammenhang stehenden Aufwendungen nicht erst im Abflusszeitpunkt, sondern bereits im Jahr des Zuflusses der Einnahmen steuermindernd berücksichtigt. Zu den sonstigen Leistungen i.S. von § 22 Nr. 3 EStG gehört auch das einem Arbeitnehmer von Dritten gezahlte Bestechungsgeld. Es ist - da es ohne Wissen und entgegen den Interessen des Arbeitgebers gezahlt wurde - nicht durch das Dienstverhältnis veranlasst und deshalb kein steuerbarer Arbeitslohn.
Die vom Kläger getätigten Aufwendungen sind erst im Zeitpunkt des jeweiligen Abflusses der Beträge steuermindernd zu berücksichtigen. Einnahmen und Ausgaben müssen zwar - wie sich aus den Ausnahmeregelungen in § 11 Abs. 1 und 2 EStG ergibt - nicht vollständig nach einem strengen Zu- und Abflussprinzip erfasst werden. Ausnahmen können sich jedoch nur aus einer abweichenden gesetzlichen Regelung, der gesetzlichen Definition des Besteuerungsgegenstandes oder zwangsläufig aus der Art einmaliger Leistungen i.S. des § 22 Nr. 3 EStG ergeben. Der Senat sieht im Streitfall keine Gründe für ein Abweichen vom Zu- und Abflussprinzip. Sie ergeben sich auch nicht aus dem Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit. Die Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen ist auf den jeweils zu beurteilenden Einkommensermittlungszeitraum zu beziehen. Durch die Normierung des Zu- und Abflussprinzips in § 11 EStG hat der Gesetzgeber in Kauf genommen, dass es durch die Zusammenballung von Einnahmen und Ausgaben in einem Veranlagungszeitraum zu steuerlichen Zufallsergebnissen kommen kann, die gegebenenfalls zu einer erheblichen steuerlichen Be- oder Entlastung führen.
Der Gesichtspunkt der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit gebietet es jedoch, die Rückzahlung der vom Kläger empfangenen Bestechungsgelder im Zeitpunkt des jeweiligen Abflusses der Beträge in voller Höhe steuermindernd zu berücksichtigen, auch wenn sich dadurch in einem Veranlagungszeitraum ein Verlust ergibt. Das Verlustausgleichs- und Verlustabzugsverbot des § 22 Nr. 3 Satz 3 EStG steht dem nicht entgegen.
Link zur Entscheidung
BFH vom 26.1.2000 - IX R 87/95