Alexander C. Blankenstein
Ob nach einer Baumaßnahme im Bereich des Sondereigentums, bei der auch in das gemeinschaftliche Eigentum eingriffen worden ist, die im Zeitpunkt der Baumaßnahme geltenden Anforderungen an den Schallschutz einzuhalten sind, bestimmt sich nach dem Gewicht des Eingriffs in die Gebäudesubstanz. Nur grundlegende Um- oder Ausbauten wie etwa ein Dachgeschossausbau begründen eine Pflicht zur Beachtung der aktuellen technischen Anforderungen an den Schallschutz; dagegen kann bei Sanierungsmaßnahmen, die der üblichen Instandsetzung oder (ggf. zugleich) der Modernisierung des Sondereigentums dienen, ein verbessertes Schallschutzniveau im Grundsatz nicht beansprucht werden (BGH, Urteil v. 16.3.2018, V ZR 276/16).
Wohnanlage im Jahr 1990 errichtet
Vorliegend wurde die Wohnanlage im Jahr 1990 errichtet. Die Eigentümer der im 1. Obergeschoss gelegenen Wohnung ließen anlässlich einer Modernisierung ihres Badezimmers im Jahr 2012 den Estrich vollständig entfernen und eine Fußbodenheizung einbauen. Ferner wurden der Fliesenbelag sowie die Sanitärobjekte vollständig erneuert und eine Steigleitung unter Putz verlegt. Gestützt auf die Behauptung, der Schallschutz habe sich durch die Badmodernisierung verschlechtert, begehrte die Eigentümerin der im Erdgeschoss gelegenen Wohnung gerichtlich, dass die Obergeschosseigentümer bestimmte Schallschutzmaßnahmen ergreifen und so ein Schallschutzniveau auf dem Stand von 2012, mindestens aber auf dem Stand von 1990 herstellen. Die Klage war nur insoweit erfolgreich, als die Erdgeschosseigentümerin einen Schallschutz entsprechend des im Jahr 1990 maßgeblichen Niveaus verlangen konnte.
Rechtlicher Maßstab
Rechtlicher Maßstab für die zwischen den Wohnungseigentümern hinsichtlich des Schallschutzes bestehenden Pflichten ist § 14 Nr. 1 WEG. Hiernach ist jeder Wohnungseigentümer verpflichtet, von den in seinem Sondereigentum stehenden Gebäudeteilen sowie von dem gemeinschaftlichen Eigentum nur in solcher Weise Gebrauch zu machen, dass dadurch keinem der anderen Wohnungseigentümer über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus ein Nachteil erwächst. Vorerwähnte Bestimmung ist nicht nur bei Schallschutz beeinflussenden Veränderungen des Sondereigentums maßgeblich, sondern vorliegend auch deshalb, weil die Obergeschosseigentümer ohne Zustimmung der Erdgeschosseigentümerin eine bauliche Veränderung des gemeinschaftlichen Eigentums nach § 22 Abs. 1 WEG vorgenommen haben. Sie haben nämlich den Estrich entfernt und den Bodenaufbau sodann erneuert.
Einordnung des Estrichs als Gemeinschaftseigentum
Während der Oberbodenbelag im Sondereigentum steht, ist jedenfalls die Trittschalldämmung gemeinschaftliches Eigentum. Auch der Estrich ist als Gemeinschaftseigentum einzuordnen, wenn er auch der Dämmung und Isolierung gedient hat. Jedenfalls unter dieser Voraussetzung steht er gemäß § 5 Abs. 1 WEG im gemeinschaftlichen Eigentum, da er nicht beseitigt werden kann, ohne dass Rechte anderer Wohnungseigentümer über das nach § 14 Nr. 1 WEG zulässige Maß hinaus beeinträchtigt werden.
Schallschutz richtet sich nach der zum Gebäudeerrichtungszeitpunkt geltenden DIN
Der im Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander zu gewährende Schallschutz richtet sich grundsätzlich nach der zur Zeit der Errichtung des Gebäudes geltenden Ausgabe der DIN 4109. Dies gilt jedenfalls dann, wenn ein vorhandener Bodenbelag durch einen anderen ersetzt und dabei nicht in den unter dem Belag befindlichen Estrich und die Geschossdecke eingegriffen wird, also lediglich das Sonder- und nicht auch das Gemeinschaftseigentum verändert wird. Bei derartigen Veränderungen ergibt sich ein höheres Schallschutzniveau auch nicht aus einem besonderen Gepräge der Wohnanlage.
Maßgebender Zeitpunkt: Errichtung oder Zeitpunkt der Baumaßnahme?
Bislang ungeklärt war allerdings, ob dieselben Maßstäbe gelten, wenn bei der Erneuerung des Bodenbelags auch in den Estrich oder in die Geschossdecke eingegriffen wird. In Beantwortung dieser Frage sind zwei Aspekte zu klären: nämlich erstens, ob die im Zeitpunkt der Errichtung des Gebäudes oder die im Zeitpunkt der Baumaßnahme geltenden technischen Vorgaben heranzuziehen sind, und zweitens, welches konkrete Schallschutzniveau einzuhalten ist.
Gewicht des Eingriffs in die Gebäudesubstanz entscheidend
Ob nach einer Baumaßnahme im Bereich des Sondereigentums, bei der auch in das gemeinschaftliche Eigentum eingriffen worden ist, die im Zeitpunkt der Baumaßnahme geltenden Anforderungen an den Schallschutz maßgeblich sind, bestimmt sich nach dem Gewicht des Eingriffs in die Gebäudesubstanz. Allein aus dem Umstand, dass bei Renovierungsarbeiten in das gemeinschaftliche Eigentum eingegriffen wird, ergibt sich kein Grund dafür, dass die im Zeitpunkt der Maßnahme anerkannten Schallschutzwerte maßgeblich sein sollen. Zwar muss der Schallschutz in erster Linie durch die im Gemeinschaftseigentum stehenden Bauteile gewährleistet werden. Daraus folgt aber nur, dass das bislang erreichte Schallschutzniveau erh...