Leitsatz
Bei der Prüfung der Frage, ob Einkünfte und Bezüge eines volljährigen, in Ausbildung befindlichen Kindes den Jahresgrenzbetrag des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG übersteigen, sind Geldzuwendungen von dritter Seite jedenfalls dann nicht zu berücksichtigen, wenn sie zur Kapitalanlage bestimmt sind.
Sachverhalt
Eine Mutter bekam für ihre 1978 bzw. 1981 geborenen Söhne, die sich in Ausbildung befanden, für Januar bis Juli 2000 Kindergeld. Nachdem die Familienkasse erfahren hatte, dass den Söhnen im April 2000 von einer mit ihnen nicht verwandten Person je 20295 DM geschenkt worden waren, forderte sie von der Mutter das Kindergeld von insgesamt 3780 DM zurück. Die Gelder, die nach abgeschlossener Ausbildung als Starthilfe dienen sollten, waren – wie verabredet – in Wertpapieren angelegt worden und hatten im Jahr 2000 jeweils 85 DM Zinsen abgeworfen. Weitere Vermögen oder eigene Einkünfte hatten die Söhne nicht. Der gegen die Kindergeldversagung erhobenen Klage gab das FG statt. Gegen die Revision der Familienkasse bestätigte der BFH das Urteil.
Entscheidung
Der BFH hat bereits für behinderte Kinder entschieden, dass das Kindesvermögen nicht kindergeldschädlich ist. Diese Rechtsprechung wird auf das Kindergeld für nicht Behinderte ausgedehnt. Denn § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG setzt nur "Einkünfte und Bezüge", die das Kind im Kalenderjahr hat, an, also – anders als § 33a Abs.1 Satz 3 EStG – kein Vermögen. Dem steht nicht entgegen, dass ein volljähriger Unterhaltsberechtigter – anders als ein minderjähriges, unverheiratetes Kind nach § 1602 Abs. 2 BGB – grundsätzlich eigenes Vermögen einsetzen muss, weil der Kindergeldanspruch nicht mit der Unterhaltspflicht deckungsgleich ist.
Praxishinweis
Dem steht nicht entgegen, dass laufende oder einmalige Geldzahlungen Dritter, die für Unterhalt oder Ausbildung bestimmt bzw. geeignet sind, grundsätzlich zu den anrechenbaren Bezügen des Kindes gehören. Dementsprechend ist es ratsam, die Bestimmung von nicht dem laufenden Unterhalt dienenden Zuwendungen als Kapitalanlage zu dokumentieren, damit über den Verwendungszweck keine Zweifel aufkommen. Wurde keine entsprechende Verwendungsbestimmung getroffen und handelt es sich deswegen um Bezüge des Kindes, dürfte dies nur für das Zuflussjahr gelten. Denn Teile, die bis zum Jahresende nicht verbraucht sind, gehören anschließend zum Vermögen, bei dem nur die Erträge zu den Einkünften oder Bezügen gehören, nicht aber der Vermögensstamm.
Link zur Entscheidung
BFH-Urteil vom 28.1.2004, VIII R 21/02