Leitsatz (amtlich)
Wird dem Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH neben einem monatlichen Festgehalt jährlich eine weitere Festvergütung für den Fall gezahlt, dass eine bestimmte Umsatzgrenze erreicht wird, ist eine vGA regelmäßig nur dann anzunehmen, wenn die Gesamtvergütung ihrer Höhe nach unangemessen ist (Abgrenzung zum Senatsurteil vom 19.2.1999,IR 105-107/97, BStBl II1999, S. 321 = INF 1999, S. 349).
Sachverhalt
Die Klägerin ist eine 1992 errichtete GmbH. Ihr beherrschender Gesellschafter und alleiniger Geschäftsführer H erhielt als Vergütung zunächst ein Festgehalt von 40 000 DM jährlich und eine Tantieme von 15 % des Reingewinns. Die Vergütungen sollten laut Anstellungsvertrag zum 30.6. und 1.1. eines jeden Jahres nach Maßgabe der Ertragslage aktualisiert werden. Ab 1.1.1993 wurde der Anstellungsvertrag dementsprechend geändert. H erhielt nunmehr statt der variablen Gewinntantieme eine Tantieme von 30 000 DM, die jedoch nur unter der Voraussetzung zu zahlen war, dass der Gesamtumsatz 500 000 DM überstieg. Am 1.9.1993 wurde der Vertrag nochmals geändert und das monatliche Bruttogehalt auf zunächst 6 800 DM bzw. am 1.12.1993 auf 9 800 DM erhöht. Am 1.12.1993 erhöhte sich ab 1994 auch die Tantieme auf 50 000 DM. In den Streitjahren 1993 und 1994 wurde die Umsatzgrenze von 500 000 DM deutlich überschritten. Die Klägerin erzielte Gewinne, allerdings nur, weil sie beträchtliche öffentliche Fördermittel einnahm. Das Finanzamt behandelte die Tantiemen mangels zeitlicher Begrenzung als verdeckte Gewinnausschüttung. Das FG wies die dagegen gerichtete Klage ab. Auf die Revision der Klägerin hob der BFH die Vorentscheidung auf und verwies die Sache an das FG zurück.
Entscheidungsgründe
Nach ständiger Rechtsprechung des Senats ist im Zusammenhang mit der Frage nach der steuerlichen Anerkennung von Erfolgsbeteiligungen für einen Gesellschafter-Geschäftsführer davon auszugehen, dass ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter im Regelfall eine Erfolgsvergütung in Form einer Gewinn- und nicht in Form einer Umsatztantieme gewährt, da eine Umsatzbeteiligung unter Vernachlässigung des eigenen Gewinnstrebens der Kapitalgesellschaft die Gefahr einer Gewinnabsaugung in sich birgt. Über eine derartige Umsatztantieme ist im Streitfall jedoch nicht zu entscheiden. Denn die Klägerin zahlte dem H keine variable, der Höhe nach vom Umsatz abhängige und an diesem prozentual ausgerichtete Tantieme. Es handelte sich vielmehr um eine Festvergütung ähnlich einer Gratifikation.
Eine derartige Ausgestaltung der Vergütung hält einem Fremdvergleich, gemessen an dem Verhalten eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters stand. Sie entspricht der Zusage einer festen Vergütung, die lediglich zu einem Teil monatlich gezahlt wird und zu einem anderen Teil als Einmalzahlung ausgestaltet ist. Dass die Einmalzahlung vom Erreichen eines bestimmten Umsatzes abhängig ist, kann daran nichts ändern. Dieser Umstand stellt gegenüber einer unbedingten Vergütungszusage eher ein Minus dar und erweist sich sonach insgesamt für die Gesellschaft als günstig. Vorausgesetzt, die Gesamtausstattung des Gesellschafter-Geschäftsführers hält ungeachtet der Umsatzabhängigkeit einer Angemessenheitsprüfung, die hier allerdings in besonderem Maße notwendig ist, stand, besteht wegen des festen Schwellenwertes keine erhöhte Gefahr der Gewinnabsaugung. Im Streitfall hat das FG die Angemessenheit der Gesamtausstattung von H geprüft und ausdrücklich bejaht. Sie wird auch vom Finanzamt nicht in Frage gestellt.
Die Sache ist allerdings nicht spruchreif. Nach den tatrichterlichen Feststellungen sah der mit H geschlossene Anstellungsvertrag in den in den Jahren 1992 bis 1994 geltenden Fassungen eine Anpassung des Vertrages hinsichtlich des Gehalts und der sozialen Leistungen "entsprechend der Ertragslage" der Klägerin jeweils zum Jahreswechsel und zum 30.6. vor. Tatsächlich wurde das monatliche Gehalt des H nicht zum 1.7.1993 oder zum 1.1.1994, sondern zum 1.9. und zum 1.12. 1993 erhöht. Es erscheint zweifelhaft, ob ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter bei einem Fremdgeschäftsführer mit solchen Erhöhungen einverstanden gewesen wäre. Es ist aber auch denkbar, dass die vertragliche Anpassungsklausel i.S. einer halbjährlichen Anpassungsprüfung zu verstehen ist, die die Anpassung der Vergütungen im Laufe des jeweiligen Halbjahreszeitraums ermöglichte. Darauf könnte der Umstand hindeuten, dass in der Folgezeit eine Anpassung auch erst zum 1.9.1995 erfolgt ist.
Link zur Entscheidung
BFH vom 5.6.2002 – I R 69/01