Leitsatz
Der auf der Grundlage des Bodenrichtwerts festzustellende Wert eines unbebauten Grundstücks ist entsprechend der Geschossflächenzahl unter Zugrundelegung des maßgeblichen Umrechnungskoeffizienten anzupassen, wenn der Gutachterausschuss den Bodenrichtwert und die dazugehörige Geschossflächenzahl bestimmt hat.
Sachverhalt
A erhielt 2001 ein unbebautes Grundstück geschenkt. Das Finanzamt stellte hierfür den Grundbesitzwert gesondert fest. Hierbei ging es von dem in der Richtwertkarte bei einer Geschossflächenzahl von 0,4 ausgewiesenen Wert von 890 DM/qm aus, den es aufgrund der für das zu bewertende Grundstück tatsächlich erreichbaren Geschossflächenzahl von 1,32 auf 1550 DM erhöhte. Gegen diese Anpassung des Bodenrichtwerts wandte sich A.
Entscheidung
Nach § 145 Abs. 3 Satz 1 BewG bestimmt sich der Wert unbebauter Grundstücke nach ihrer Fläche und den um 20 % ermäßigten Bodenrichtwerten i.S. von § 196 BauGB. Es handelt sich um eine verfassungsrechtlich unbedenkliche typisierende Bewertungsmethode, die der Vereinfachung der Bedarfsbewertung dient. Die Bodenrichtwerte sind verbindlich und einer gerichtlichen Überprüfung regelmäßig nicht zugänglich. Sie sind deswegen von den Finanzbehörden und -gerichten ungeprüft und ohne eigenen Bewertungsspielraum der Ermittlung des Bedarfswerts zugrunde zu legen.
Mit einem Bodenrichtwert, für den eine Geschossflächenzahl angegeben ist, liegt ein vom Gutachterausschuss festgelegter und damit nach § 145 Abs. 3 Satz 1 BewG verbindlicher Bodenrichtwert auch für solche Grundstücke in der Bodenrichtwertzone vor, deren Geschossflächenzahl nicht der für das Bodenrichtwertgrundstück angegebenen entspricht. In diesem Fall ist der Bodenrichtwert des zu bewertenden Grundstücks unter Zugrundelegung des maßgeblichen Umrechnungskoeffizienten anzupassen. Diese Anpassung beruht nicht auf einer – dem Finanzamt untersagten – Schätzung des maßgebenden Bodenwerts, sondern auf einer vom Gutachterausschuss durch Angabe einer Geschossflächenzahl selbst vorgegebenen Differenzierung.
Zur Berechnung der für das zu bewertende Grundstück anzusetzenden Zu- oder Abschläge können die Gutachterausschüsse von ihnen selbst ermittelte eigenständige Umrechnungskoeffizienten angeben. Soweit diese fehlen, ist auch die Anwendung der in der Anlage 23 der Wertermittlungs-Richtlinien angegebenen Umrechnungskoeffizienten möglich, die ihrerseits auf gesicherten Erfahrungswerten beruhen. Die in R 161 Abs. 2 ErbStR 1998/2003 vorgesehene "Ableitung" des Bodenwerts ist mit § 145 Abs. 3 BewG vereinbar.
Praxishinweis
Steuerpflichtige haben in diesen Fällen die Möglichkeit des Nachweises eines niedrigeren gemeinen Werts gemäß § 145 Abs. 3 Satz 3 BewG. Insoweit besteht jedoch Nachweispflicht. Die Kosten des Nachweises, z.B. Gutachterkosten, trägt stets der Steuerpflichtige. Der Nachweis kann auch durch zeitnahe Verkaufsfälle geführt werden.
Link zur Entscheidung
BFH-Urteil vom 12.7.2006, II R 1/04