Leitsatz

Für Tiere des Anlagevermögens kann die Ansparrücklage nach § 7g Abs. 3 bis 5 EStG ohne Ansatz eines Schlachtwerts gebildet werden. Sobald für die begünstigten Tiere Abschreibungen vorgenommen werden dürfen, ist die Rücklage nach § 7g Abs. 4 Satz 1 EStG in vollem Umfang auch insoweit aufzulösen, als der Rücklagenbetrag das spätere Abschreibungsvolumen übersteigt.

 

Sachverhalt

Streitig ist, ob bei der Bildung einer Ansparrücklage für die Aufzucht von Milchkühen in einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb gemäß § 7g Abs. 3 EStG ein Schlachtwert anzusetzen ist. Ein Landwirt hatte eine entsprechende Rücklage unter Berücksichtigung von Herstellungskosten von 1600 DM pro Tier gebildet. Das Finanzamt minderte die Herstellungskosten pro Kuh um den Schlachtwert von 1100 DM und errechnete die Ansparrücklage vom verbleibenden Wert von 500 DM, so dass sich der Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft entsprechend erhöhte. Nach erfolglosem Einspruch gab das FG der Klage mit der Begründung statt, § 7g Abs. 3 EStG lasse sich eine Einschränkung, wonach die Rücklage um den Schlachtwert von Tieren zu kürzen sei, nicht entnehmen. Dagegen richtet sich die Revision des Finanzamts.

 

Entscheidung

Der BFH ist dem FG gefolgt. Somit ist bei der Bildung einer Ansparrücklage für Milchkühe kein Schlachtwert anzusetzen. Im Streitfall haben die Voraussetzungen für die Bildung einer Ansparrücklage nach § 7g Abs. 3 bis 5 EStG dem Grunde nach unstreitig vorgelegen. Die Milchkühe sind Tiere des Anlagevermögens. Nach dem Wortlaut des § 7g Abs. 3 Satz 2 EStG sind die Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Anlageguts Bemessungsgrundlage für die Rücklage. Eine weitere Einschränkung sieht das Gesetz nicht vor.

Soweit im Schrifttum die Auffassung vertreten wird, die Rücklage könne nur anhand der Differenz zwischen Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten und Schlachtwert ermittelt werden, da sie nach ihrem Zweck die spätere Abschreibung lediglich vorwegnehme, kann daraus die Notwendigkeit eines entsprechenden Ansatzes nicht abgeleitet werden, weil der Gedanke einer Vorwegnahme der späteren Abschreibung im Gesetz keinen Ausdruck gefunden hat und insbesondere in § 7g EStG anders als in § 7 EStG die Begriffe "Nutzung" und "Abnutzung" nicht Bestandteil der Regelung sind. Diese Begriffe waren aber entscheidend für den Ansatz eines Schrottwerts bei der Bemessung der Abschreibung auf die Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern von großem Gewicht oder aus wertvollem Material[1] und für die Übertragung dieser Grundsätze auf die Viehbewertung[2]. Auch der Gesetzeszweck gebietet keine andere Auslegung, weil § 7g EStG anders als § 7 Abs. 1 EStG eine wirtschaftslenkende Norm ist, die die Wettbewerbssituation kleiner und mittlerer Betriebe dadurch verbessern soll, dass deren Liquidität und Eigenkapitalbildung unterstützt und deren Investitions- und Innovationskraft gestärkt werden. Dies gilt insbesondere für die Rücklage nach § 7g Abs. 3 EStG, die das Bedürfnis nach einer Steuerstundung bei Investitionsvorhaben erfüllen soll. Dieser Stundungseffekt kommt bei der hier vertretenen wörtlichen Auslegung des § 7g Abs. 3 EStG am wirksamsten zur Geltung.

 

Praxishinweis

Folge des Urteils ist, dass der Rücklagebetrag das spätere Abschreibungsvolumen bei hohen Schlachtwerten überschreiten kann. Dadurch erlangt der Steuerpflichtige jedoch keinen unangemessenen Steuervorteil. Kann die Rücklage wegen des Ansatzes eines Schlachtwerts nämlich nicht – teilweise – auf die hergestellten Tiere "übertragen" werden, ist sie nach § 7g Abs. 4 EStG erfolgswirksam aufzulösen. Zur Vermeidung dieses Nachteils muss der Steuerpflichtige sein Wahlrecht so ausüben, dass der Rücklagebetrag dem späteren Abschreibungsvolumen entspricht.

 

Link zur Entscheidung

BFH-Urteil vom 31.8.2006, IV R 26/05

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