Leitsatz
- Bei der Beurteilung, ob jemand Existenzgründer ist, sind Gewinneinkünfte aus Beteiligungen an mehreren Mitunternehmerschaften von jeweils weniger als 1 % schädlich; auf die Höhe und die Art der Gewinneinkünfte kommt es nicht an.
- Der Gesetzgeber ist bei der Beurteilung, wen er als Existenzgründer i.S. des § 7g Abs. 7 EStG ansehen will, nicht daran gehindert, allein auf den Bezug von Gewinneinkünften abzustellen. Der Grundsatz der Rechtsformneutralität als Ausprägung des allgemeinen Gleichheitssatzes verlangt nicht, dass Beteiligungen an einer Kapitalgesellschaft und an einer Personengesellschaft (Mitunternehmerschaft) in jeder Beziehung gleich behandelt werden.
Sachverhalt
U nahm im Februar 2000 eine selbständige Tätigkeit als Unternehmensberater auf und erklärte daraus einen Gewinn. Daneben erzielte er im Jahr 2000 – wie in den Vorjahren – gewerbliche Einkünfte aus Beteiligungen an mehreren Publikums-GmbH & Co. KG. Während des Einspruchsverfahrens gegen den Einkommensteuerbescheid 2000 im März 2003 zeigte U an, dass er Ende 2002 noch Investitionen vorgenommen habe. Er beantragte, für das Jahr 2000 noch eine Ansparrücklage in Höhe von 40000 EUR zu berücksichtigen, da er Existenzgründer nach § 7g Abs. 7 EStG sei. Das Finanzamt lehnte dies ab. Das FG wies die Klage ab.
Entscheidung
Der BFH bestätigte die Auffassung des FG, dass U nicht berechtigt war, als Existenzgründer eine Ansparrücklage zu bilden. Existenzgründer kann nach § 7g Abs. 7 EStG nur sein, wer innerhalb der letzten fünf Jahre weder an einer Kapitalgesellschaft zu mehr als 10 % beteiligt war noch Einkünfte i.S. des § 2 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 EStG erzielt hat. U hatte aber als Mitunternehmer gewerbliche Einkünfte i.S. des § 2 Abs. 1 Nr. 2 EStG erzielt. Dass seine KG-Beteiligungen jeweils weniger als 1 % betrugen, steht dem nicht entgegen, da das Gesetz allein auf den Bezug von Gewinneinkünften abstellt. Auf die Höhe und Art dieser Einkünfte kommt es nicht an. U kann sich auch nicht darauf berufen, dass Beteiligungen an Kapitalgesellschaften erst ab einer Höhe von mehr als 10 % zum Ausschluss der Existenzgründereigenschaft führen. Denn der Grundsatz der Rechtsformneutralität als Ausprägung des allgemeinen Gleichheitssatzes verlangt nicht, dass Beteiligungen an Kapitalgesellschaften und Beteiligungen an Personengesellschaften in jeder Hinsicht gleich behandelt werden müssen.
Praxishinweis
Im Streitfall durfte U auch nach § 7g Abs. 3 und 6 EStG keine Rücklage mehr bilden. Da die Investitionsabsicht für das Jahr 2000 erst im Jahr 2003 dokumentiert wurde, also zu einem Zeitpunkt, zu dem die auf zwei Jahre limitierte Rücklage bereits wieder hätte aufgelöst sein müssen, hätte der mit der Rücklage bezweckte Erfolg nicht mehr erreicht werden können. Wäre U Existenzgründer gewesen, hätte der Investitionszeitraum fünf Jahre betragen.
Link zur Entscheidung
BFH-Urteil vom 2.8.2006, XI R 44/05